Ausgabe April 2000

Blaupause für das 21. Jahrhundert?

Das strategische Konzept der NATO

Das strategische Konzept der NATO, verabschiedet auf dem Washingtoner Gipfel am 24. April 1999, scheint heute in seiner Bedeutung auf der einen Seite überbewertet, auf der anderen Seite zu wenig beachtet zu werden. In der publizistischen und wissenschaftlichen Diskussion, die den Kosovo-Konflikt aufarbeitet, wird vielfach auf das Konzept verwiesen, um die These zu untermauern, der Kosovo-Einsatz der Allianz sei ein Modellfall für ihr künftiges Verhalten in internationalen Krisen außerhalb ihres Bündnisgebietes. Diese (Über-)Interpretation steht in merkwürdigem Spannungsverhältnis zum allgemeinen Desinteresse. Anders als etwa Ende der 70er Jahre zu Zeiten der Debatten um den NATO-Doppelbeschluß, ist heute das Bedrohungsempfinden stark zurückgegangen und Themen der Verteidigungsstrategie finden kaum öffentliche Beachtung. Zudem wurden gerade durch den Einsatz der NATO-Streitkräfte im Kosovo das neue strategische Konzept wie auch die anderen beiden wichtigen Initiativen des Washingtoner Gipfels, die Defence Capabilities Initiative und der Membership Action Plan in den Hintergrund gedrängt 1), so daß diese außer in Fachkreisen bis heute vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit in einer breiteren Öffentlichkeit genießen, gleichwohl gerade das strategische Konzept einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung der NATO seit 1990 markiert.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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