Ausgabe Juni 2000

Friedenspoker in Nahost

Vor gut einem Jahr wählte Israel den ehemaligen Generalstabschef Ehud Barak zum neuen Ministerpräsidenten. Es war ein glänzender Wahlsieg, doch die Regierungsbildung erwies sich als schwierig, weil die beiden großen politischen Lager, Arbeitspartei und Likud, zugunsten der kleinen Klientelparteien erneut Stimmen verloren hatten. Barak bildete eine breite Koalition aus acht Parteien, die der Regierung eine stabile Mehrheit in der Knesset verschaffen sollten. Stabilität verspricht die Koalition allerdings nur mit Blick auf die Zahl der Mandate, auf die sich die Regierung stützen kann. Ihre gesellschaftspolitisch äußerst heterogene Zusammensetzung läßt Streit fast unausweichlich erscheinen. Zwischen den religiösen und den säkularen Kräften in der Regierung schwelt ein Dauerkonflikt über die Rolle der Religion in Staat und Gesellschaft. Er hatte bereits im Wahlkampf eine bedeutende Rolle gespielt 1), zur Entfremdung zwischen den Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geführt und die verheerende Wahlniederlage des Amtsinhabers besiegelt.

Der Friedensprozeß, der das Land bei der Wahl 1996 noch entzweit hatte, war für die Entscheidung der Wähler inzwischen zweitrangig - so als sei acht Jahre nach dessen Beginn in Madrid die Beilegung des Nahostkonflikts bereits beschlossene Sache.

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