Ausgabe Juni 2000

Zwischen Parallelgesellschaft, strategischer Ethnisierung und Transkultur

Die türkische Medienkultur in Deutschland

Es ist paradox. Da hatten wir doch geglaubt, daß durch neue Informationstechnologien, durch das Internet und das Satellitenfernsehen, eine ganz neue Ära der Weltgeschichte anbricht: das Zeitalter der Globalisierung. Die gesamten 90er Jahre hindurch haben sich Wissenschaftler und Experten mit der Frage beschäftigt, wie sich die Übertragung ferner und fernster Ereignisse live in die Wohnstube auf gesellschaftliche Zusammenhänge auswirkt. Das Ende des Ethnozentrismus schien in Sicht, das „globale Dorf“, in dem sich über den großen information highway der Menschheitstraum der internationalen Verständigung und der interkulturellen Begegnung erfüllt. Und mitten in diese gerade liebgewonnenen Vorstellungen und Visionen hinein platzt die schlechte Nachricht: „So läuft das nicht.“ Die Mehrzahl der Konsumenten konsumiert über Satelliten und Kabel vor allem eine endlose Ansammlung immer gleicher oder ähnlicher Programme aus dem eigenen Kultur- und Sprachraum. RTL, SAT 1, Pro 7, tm3 – für türkisches Fernsehen interessiert sich kein nicht-türkischstämmiger Deutscher, außer vielleicht ein paar Medienwissenschaftlern oder Hobby-Turkologen. Und die Inder in Großbritannien oder die Türken in Deutschland haben nichts besseres zu tun, als von all den neuen Medienangeboten ausgerechnet die Angebote ihres Herkunftslandes auszuwählen.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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