Ausgabe Mai 2000

Am Scheideweg

Zur Situation der Atlantischen Gemeinschaft

Die Beziehungen zwischen Westeuropa und den USA sind viel schlechter als sie aussehen. Ihr gesellschaftlich-wirtschaftliches Fundament ist in Ordnung, aber in der politischen Architektur vermehren sich die Risse. In diesem Sommer könnten sie sich zum Spalt erweitern. Denn voraussichtlich im Juni wird der amerikanische Präsident Clinton den Bau eines Raketenabwehrsystems bekannt geben und damit die amerikanische Sicherheit von der Europas trennen. Westeuropa seinerseits, das sich vom Dollar verabschiedet und den Euro zu dessen Konkurrenten aufgebaut hat, kündigt mit dem 1999 nun endgültig beschlossenen Aufbau einer eigenen Militärmacht die amerikanische Hegemonie. In beiden Prozessen geht es um die Machtverteilung in der Atlantischen Gemeinschaft. Solche Wandlungen sind immens konfliktträchtig. Werden sie nicht achtsam gesteuert, kann die überfällige Neuverteilung der Macht in der Atlantischen Gemeinschaft zu deren Zerfall führen. Daran kann niemand interessiert sein. Die amerikanisch-europäische Verbindung ist für beide Seiten und für die Weltpolitik viel zu wichtig, als daß ihre Beschädigung durch die Machtinteressen von Politikern und Bürokraten - allesamt nur Angestellte der Souveräne, der Gesellschaften - hingenommen werden könnte.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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