Ausgabe September 2000

Weltumweltpolitik.

Die neue Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer

Bislang galten die Entwicklungsländer meist als machtlose Zaungäste des Weltgeschehens, kaum in der Lage also, die ökologische und soziale Krise in den Mittelpunkt der Weltpolitik zu stellen. Seit neuerem ist dieser common sense jedoch nicht mehr unbestritten. Tariq Hyder, offizieller Wortführer der Entwicklungsländer zur Zeit der Rio-Konferenz über Umwelt und Entwicklung von 1992, schrieb damals, die Industrieländer müßten endlich einsehen, daß sich die Spielregeln im Nord-Süd-Dialog in Zeiten von globalem Treibhauseffekt und Ozonloch geändert hätten. Erhielten die Entwicklungsländem nicht bald Handelserleichterungen, Schuldenstreichungen und verstärkten Finanz- und Technologietransfer, dann müßten alle, in Nord wie in Süd, letztlich hierfür einen Preis bezahlen - und der globalen ökologischen Katastrophe ins Auge sehen. 1) Dieser Gedanke einer ökologischen Abhängigkeit des Nordens vom Süden ist nicht gänzlich neu: Schon 1975 schrieb Seitz über eine "Chaosmacht" der Entwicklungsländer, die er in der zunehmenden globalen ökologischen Interdependenz begründet sah. 2) Ähnliche Thesen finden sich an anderen Stellen in der Literatur, etwa bei den US-Amerikanern Sell, Miller oder Young sowie bei dem Darmstädter Politologen Wolf.

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Deutschland: Planlos in den Hitzesommer

von Nick Reimer

Nur knapp schrammte Deutschland Anfang Juli an einem neuen Hitzerekord vorbei. Mit über 35 Grad in weiten Teilen des Landes war es in der ersten Hitzewelle des Jahres flächendeckend viel zu warm. Statt aber den Klimaschutz endlich ernst zu nehmen, will die schwarz-rote Bundesregierung neue fossile Gaskraftwerke mit 20 000 Megawatt Leistung bauen.