Ausgabe Januar 2001

Antisemitismusstreit in Frankreich

La campagne de France 1) und kein Ende. Im vergangenen April brachte ein renommierter Pariser Verlag ein Buch dieses Titels heraus. Sein Autor verkündet darin, er gedenke einen Kreuzzug für die Verteidigung der Sprache und der französischen Werte zu führen. Sein persönliches Tagebuch aus dem Jahr 1994 liefert den Rahmen seiner Auseinandersetzung mit allem, was ihm der grandeur unseres schönen Frankreichs zu schaden scheint. Nämlich was? Unter anderem die verhunzte Sprache, die - sei es im Fernsehen, sei es selbst im Schulunterricht - auf uns eindringt. Aber auch eine Einwanderungspolitik, die Immigranten zunehmend die gleichen Rechte wie den Einheimischen zubilligt. Und schließlich eine Rundfunksendung, die es heute nicht mehr gibt: Panorama von France Culture, wo wöchentlich an die 40 neu erschienene Bücher besprochen wurden.

Was stört den Mann an Panorama? Daß seine "jüdischen Mitarbeiter" uns unaufhörlich mit den spezifischen Problemen der Juden behelligen, was "auf die Dauer doch ein wenig nervt, weil es kein Gegengewicht gibt". Im übrigen demonstriere die große Zahl dieser "jüdischen Mitarbeiter", daß "eine bestimmte ethnische oder religiöse Gruppe eindeutig überrepräsentiert ist".

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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