Wie jetzt eine diplomatische Lösung möglich wäre

Bild: Zerstörte Wohnhäuser nach israelischen Luftangriffen auf Libanons Hauptstadt Beirut, 11.10.2024 (IMAGO / Middle East Images)
An einem sonnigen Tag im Mai 2000 herrschte Festtagsstimmung im Südlibanon. Familien machten Picknick, Kinder tanzten zu dröhnender Musik. Nur verlassene Straßensperren und zurückgelassenes Militärgerät erinnerten noch an die Kämpfe der Vergangenheit. Gefeiert wurde der Abzug der israelischen Armee und ihrer Handlanger von der „Südlibanesischen Armee“ (SLA), einer vorwiegend christlichen libanesischen Miliz. Der Abzug galt als Erfolg des Guerillakampfs der Hisbollah, den die mit iranischer Hilfe gegründete Gruppierung seit 1982 gegen die israelische Armee führte. 18 Jahre lang hatte Israel nach der Invasion zur Vertreibung der PLO einen etwa 30 Kilometer breiten Streifen jenseits der Grenze im Südlibanon besetzt. Jetzt wehten dort die gelben Fahnen mit dem Schriftzug der Hisbollah und dem in die Höhe gereckten Gewehr.
Die Unterstützung für die Hisbollah und ihren Anführer Hassan Nasrallah hatte einen ersten Höhepunkt erreicht. Die Hisbollah hatte scheinbar das geschafft, was arabischen Armeen und Staatschefs seit Jahrzehnten nicht gelungen war: der übermächtigen israelischen Armee die Stirn zu bieten. In den Folgejahren blieb es an der libanesisch-israelischen Grenze, von kleineren Scharmützeln abgesehen, weitgehend ruhig, während der Iran die Hisbollah weiter aufrüstete. In der Folge der US-Invasion im Irak 2003 und anhaltender Forderungen in den USA, auch den Iran anzugreifen, baute das Land nicht nur seine Atomanlagen aus, sondern stärkte auch die regionalen Verbündeten, die zu einer „Achse des Widerstands“ erklärt wurden.
Die Popularität der Hisbollah steigerte sich noch einmal mit dem Jahr 2006. Damals wie heute entfalteten sich gleichzeitige Krisen in Gaza wie im Libanon: Nach dem Abzug der israelischen Siedler und des Militärs aus Gaza unter dem damaligen israelischen Regierungschef Ariel Sharon im Jahr zuvor und dem Sieg der Hamas bei den palästinensischen Wahlen im Januar riegelte Israel den Küstenstreifen weitgehend ab. Im Juni 2006 entführte die Hamas dann den israelischen Soldaten Gilad Shalit, was ein nationales Trauma in Israel auslöste. Und nur einen Monat später überfiel die Hisbollah eine israelische Grenzstreife, entführte dabei ebenfalls zwei israelische Soldaten und tötete acht weitere.
Der damalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert reagierte mit einem massiven Militäreinsatz, der in 34 Tagen 1100 Opfer auf libanesischer und über 160 auf israelischer Seite forderte – Zahlen, die im Vergleich einiges über den Charakter der aktuellen Auseinandersetzung deutlich machen: Diese forderte in deutlich kürzerer Zeit bis Anfang Oktober bereits doppelt so viele Opfer im Libanon, aber deutlich weniger auf israelischer Seite. 2006 konnte Israel zwar schnell erhebliche Kapazitäten und Waffensysteme der Hisbollah zerstören, dennoch wurde der Krieg in Israel als ein Desaster angesehen, denn während der gesamten Auseinandersetzung konnte seine Armee den Raketenhagel der Hisbollah nicht vollständig unterbinden.
In der Region wurde Hassan Nasrallah in der Folge wie ein Popstar verehrt. Viele Libanesen sahen dagegen angesichts der Zerstörungen im Land wenig Grund, sich zu begeistern – Nasrallah entschuldigte sich damals sogar bei seinen Landsleuten dafür, den israelischen Angriff durch die Attacke der Hisbollah ausgelöst zu haben. Die Hisbollah, die nun schlagkräftigste Miliz im Nahen Osten, nahm in den Folgejahren an Kriegseinsätzen in Syrien, Iran und Jemen teil. Dem syrischen Diktator Baschar al-Assad rettete sie aufseiten Russlands und Irans die Macht. Zwar verfolgt die Hisbollah seit ihrer Gründung ihre eigene, von der iranischen Revolution beeinflusste ideologische Vision, dennoch galt sie als Partei im Gefüge der komplizierten ethnisch-religiösen politischen Landschaft im Libanon als weitgehend berechenbar.
Allerdings hat sie im Laufe der vergangenen Jahre enorm an Ansehen verloren: Ihre regionalen militärischen Interventionen, vor allem jene an der Seite des syrischen Diktators Assad, die zunehmende innenpolitische Blockadehaltung und ihr Agieren als Staat im Staate, die Unterdrückung des demokratischen Aufbruchs im Libanon 2019 (den sie unterstützt hatte, bis sie merkte, dass er sich auch gegen die Hisbollah richtete), die mutmaßliche Mitverantwortung für die verheerende Hafenexplosion in Beirut 2020 und das immer brutalere Vorgehen gegen ihre Kritiker, wie bei dem kaltblütigen Mord an dem libanesischen Intellektuellen Lokman Slim – all das brachte viele Menschen im Libanon gegen die Hisbollah auf.
Zwar befanden sich die Hisbollah und ihr Anführer nicht mehr auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, aber die Miliz war gut gerüstet, als sie in der Folge des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 und der massiven Bombardierung des Gazastreifens Raketen auf Nordisrael abfeuerte. Israel antwortete zunächst mit begrenzten Luftangriffen auf Ziele der Hisbollah. Obwohl auf beiden Seiten Zehntausende Zivilisten aus dem Norden Israels sowie dem Süden Libanons evakuiert werden mussten und mehrere Hisbollah-Kommandeure bei Angriffen getötet wurden, gingen die meisten Beobachter davon aus, dass auf beiden Seiten kein Interesse an einer Ausweitung des Konflikts bestehe. Zu groß schien die Abschreckungswirkung der Hisbollah und ihres gefüllten Raketenarsenals. Wie schon viele scheinbare Gewissheiten erwies sich auch diese als folgenreicher Irrtum.
Schritt für Schritt wuchs die Gefahr einer größeren Eskalation in Nahost: Im April hatte die israelische Luftwaffe bei einem Angriff in Damaskus gleich mehrere hochrangige Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden getötet.[1] Der folgende Vergeltungsschlag des Iran war eine offensichtlich sorgfältig abgewogene Attacke. Die Revolutionsgarden setzten langsame Drohnen und Lenkraketen ein, außerdem kündigten sie den Angriff indirekt an, sodass die Geschosse fast ausnahmslos abgefangen werden konnten – von Israel, aber auch von benachbarten arabischen Staaten wie Jordanien. Als im Juli Hamas-Führer Ismail Hanijeh bei einem Besuch in Teheran mutmaßlich vom israelischen Geheimdienst mit einer Bombe getötet wurde, wuchsen die Sorgen vor einer regionalen Eskalation weiter.
Israels lange vorbereitete Offensive gegen die Hisbollah
Mitte September sah die israelische Regierung dann den Zeitpunkt für einen Krieg an der Nordfront gekommen, der nicht erst seit Monaten, sondern offensichtlich schon seit Jahren vorbereitet worden war. Sie ließ zuvor präparierte Pager und Funkgeräte von Tausenden Hisbollah-Angehörigen explodieren. Das Ergebnis waren 37 Tote, fast 3000 Verletzte, darunter auch unbeteiligte Zivilisten. Unmittelbar nach der Attacke folgten massive israelische Bombenangriffe auf Ziele der Hisbollah-Miliz im ganzen Land, die ebenfalls verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung hatten.
Und gerade als die USA und weitere Verbündete einem Waffenstillstand zum Durchbruch verhelfen wollten, dem nach Aussagen beteiligter Diplomaten sowohl Israel als auch der Führer der Hisbollah schon zugestimmt hatten[2], erfolgte überraschend die Tötung Hassan Nasrallahs und der Beginn einer israelischen Bodenoffensive – eine erneute Brüskierung von US-Präsident Joe Biden und weiterer israelischer Verbündeter. Auch deren Drängen auf einen Waffenstillstand in Gaza inklusive eines Deals zum Austausch der Geiseln ignoriert Benjamin Netanjahu seit Monaten. Wirklichen Druck seitens der Partner – das konnte der israelische Ministerpräsident wohl aus den letzten Monaten schließen – musste Israel nicht fürchten. Stattdessen riefen die Verbündeten nach der Tötung Nasrallahs und der israelischen Invasion im Südlibanon vor allem den Iran zur Mäßigung auf. Doch dass Teheran auf die Tötung ihres langjährigen und hochrangigen Verbündeten reagieren würde, war zu erwarten – diesmal erfolgte keine sorgsam angekündigte Offensive, sondern ein massiver Angriff mit etwa 180 ballistischen Raketen, die Israel in nur wenigen Minuten erreichen können. Die iranische Führung erklärte, israelische Militäranlagen ins Visier genommen zu haben. Auch die israelischen Streitkräfte räumten ein, dass einige ihrer Luftwaffenstützpunkte getroffen wurden, auch wenn sie die Details weitgehend geheim halten.
Das Kalkül dieser „gezielten“ militärischen Aktionen und Vergeltungsangriffe ist hochgefährlich, denn der Schlagabtausch kann jederzeit außer Kontrolle geraten. Und schon jetzt sind die humanitären Folgen der Eskalation im Libanon dramatisch: Allein bei den israelischen Angriffen in verschiedenen Landesteilen, auch in dicht besiedelten Bezirken der Hauptstadt Beirut, wurden innerhalb von nur zwei Septemberwochen 1000 Menschen getötet, unter ihnen viele Zivilisten, einschließlich 87 Kinder und 156 Frauen. Über eine Million Menschen im Libanon sind auf der Flucht, darunter auch unter elenden Bedingungen lebende Syrerinnen und Syrer, die zum wiederholten Mal um ihr Leben fürchten müssen. Währenddessen hält auch die prekäre Lage im Gazastreifen für fast zwei Millionen Vertriebene und Hunderttausende Zivilisten im belagerten Norden an, die aufgrund anhaltender israelischer Angriffe und Abriegelung nur unzureichend humanitär versorgt werden können und ohne adäquate Unterbringung dem Wintereinbruch entgegensehen.
Die erstaunliche Botschaft des jordanischen Außenministers
Während die Eskalation im Nahen Osten in vollem Gange war, trafen sich Anfang Oktober wie jedes Jahr die Staatschefs bei der UN-Generalversammlung. Nach der Rede Netanjahus schwang sich der jordanische Außenminister Ayman Safadi zu einer erstaunlichen, emotional vorgetragenen Erwiderung auf. Er erregte sich darüber, dass Netanjahu eine alte Formel vortrug, nämlich dass Israel von Feinden umgeben sei, die den jüdischen Staat zerstören wollten. Stattdessen könne er versichern, dass nicht nur die arabische Welt, sondern alle 57 Mitglieder der „Organisation islamischer Staaten“ bereit seien, „die Sicherheit Israels zu garantieren, wenn Israel die Besatzung beendet und die Entstehung eines palästinensischen Staates zulässt“. Dass dies nicht nur leere Worte sind, hatte sein Land bei der Verteidigung gegen den iranischen Angriff im April eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Mit seiner Rede bezog sich Safadi auf die in jüngster Zeit neu aufgelegte Idee der „arabischen Friedensinitiative“, die bereits vor 20 Jahren eine große Vision entwarf: Nach einem Ende der israelischen Besatzung und der Errichtung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 sollte eine komplette Normalisierung der Beziehungen aller arabischen Staaten mit Israel erfolgen. Netanjahu hatte zwar zwischenzeitlich die Hoffnung, mit den unter Donald Trump ausgehandelten Abraham-Abkommen eine solche Normalisierung auch unabhängig von der Palästinafrage zu erreichen, doch das ist spätestens seit dem Krieg in Gaza passé.
Safadi erinnerte daran, dass es Natanjahu sei, der stets eine Zweistaatenlösung verweigert habe. Und er stellte die Frage, welches „Endspiel“ die israelische Führung verfolge, außer endlos Krieg zu führen. Er schloss mit einem eindringlichen Appell: „Wir haben keinen Partner für den Frieden in Israel, aber es gibt einen Partner für den Frieden in der arabischen Welt, und deshalb muss sich die internationale Gemeinschaft bewegen.“
Es gibt ein Vorbild, an das die internationale Gemeinschaft dabei anknüpfen könnte: Im August 2006 wurde eine UN-Resolution verabschiedet, die zwei Kernziele verfolgte: Erstens, nach dem Krieg zwischen Israel und der Hisbollah einen permanenten Waffenstillstand zu etablieren und zu überwachen; zweitens, die libanesische Armee zu befähigen, das Gebiet südlich des Litani-Flusses zu kontrollieren und zukünftige Angriffe von dort zu verhindern. Alle Kriegsparteien sollten die „blaue Linie“ (die Demarkationslinie zwischen Israel und Libanon) respektieren. Gleichzeitig erinnerte die Resolution an den Vertrag von Taif, mit dem die Parteien des libanesischen Bürgerkrieges 1989 ihren Konflikt beilegten und sich zur Abgabe ihrer Waffen verpflichteten – einer Maßgabe, der sich die Hisbollah stets verweigert hatte.
Die Chance für eine diplomatische Offensive
Mit der Resolution 1701 wurde die seit 1978 präsente UNIFIL-Mission verstärkt, welche die libanesische Armee und Regierung jetzt bei der Ausdehnung ihrer Autorität unterstützen sollte. Auch Deutschland beteiligte sich mit bis zu 300 Soldatinnen und Soldaten. Zuletzt verlängert wurde das Mandat im August 2024, als die aktuelle Eskalation so noch nicht absehbar war. Dabei lag das Hauptaugenmerk von UNIFIL auf der Seegrenze und der dortigen Verhinderung von Waffenschmuggel.
UNIFIL gilt als teilweise erfolgreiche, aber zahnlose Mission, denn sie wurde unter einem begrenzten „Kapitel VI“-Mandat der Vereinten Nationen beschlossen: Die UNIFIL-Kräfte mussten den Verletzungen des Waffenstillstandes durch beide Seiten – Attacken der Hisbollah sowie israelische Überflüge und Angriffe – ebenso tatenlos zusehen wie dem Schmuggel iranischer Waffen über die Landgrenzen. Und während die Hisbollah weiter als „Staat im Staate“ agierte, wankte die libanesische Politik von einer Krise zur nächsten. Das Projekt der Stärkung der libanesischen Armee ist vorerst gescheitert.
Doch nach den jüngsten israelischen Attacken ist die Zukunft der Hisbollah ungewisser denn je. Die Tötung nahezu der gesamten Führungsriege und die Angriffe auf ihre militärische Infrastruktur haben sie empfindlich getroffen. Auch wenn sich die Hisbollah wohl ebenso wenig wie die Hamas ganz ausschalten lassen wird: Ihre massive Schwächung ist offensichtlich. Und dem Iran dürften aktuell die Ressourcen fehlen, um die enormen Verluste auszugleichen. Das birgt auch die Gefahr, dass sich die angeschlagene Miliz radikalisieren und ihre Ressourcen darauf konzentrieren könnte, Terroranschläge zu verüben und einen neuerlichen Guerillakrieg gegen Israel zu führen. Andererseits signalisierte einer der wenigen verbliebenen Führer, der stellvertretende Generalsekretär Naim Kassem, man sei zu einem Waffenstillstand bereit.
Das Recht Israels, sich gegen Angriffe wie die brutalen Massaker des 7. Oktober oder auch den Dauerbeschuss aus dem Norden seitens der Hisbollah zu verteidigen, ist international unbestritten. Es umfasst aber keine völkerrechtswidrigen Aktionen wie die massenhafte Tötung von Zivilisten oder die gezielte Zerstörung ziviler Infrastruktur. Wegen der Kriegsverbrechen in Gaza hat bekanntlich der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Haftbefehle gegen Netanjahu und seinen Verteidigungsminister beantragt; in Den Haag verhandelt der Internationale Gerichtshof weiter über die Völkermord-Klage Südafrikas gegen Israel. Dessen massives militärisches Vorgehen folgt zudem, wie der jordanische Außenminister deutlich machte, keinem langfristigen Plan. Zwar kann es die militärische Macht seiner Gegner schwächen, aber wie hoch der Preis ist, zeigt sich in Gaza: Nahezu das gesamte Gebiet liegt in Schutt und Asche, seine über zwei Millionen Bewohnerinnen und Bewohner leben im Elend und ohne jegliche Perspektive. Und auch nach einem Jahr ständiger Angriffe ist die zahlenmäßig deutlich kleinere Hamas sogar noch in der Lage, Raketen auf Israel abzufeuern. Zugleich steht auch das Westjordanland vor einer Gewalteskalation, insbesondere die Angriffe und Landnahme durch Siedler treiben auch dort immer mehr Menschen in den bewaffneten Kampf.
Trotzdem gingen die Bemühungen des US-Präsidenten Biden um einen Waffenstillstand bisher kaum über Appelle an die israelische Regierung hinaus; konterkariert wurden diese zudem durch die Lieferung von Waffen im Wert von 18 Mrd. US-Dollar. Im Wahlkampf ist die Sorge wohl zu groß, von Trump als Israelfeind gebrandmarkt zu werden. Noch im Juli sprach Netanjahu im US-Kongress und zeigte, dass er dort noch immer Unterstützung genießt. Auch die EU konnte keinen Druck entfalten: Wiederholte eindringliche Warnungen ihres Außenbeauftragten Josep Borrel verhallten aufgrund der Uneinigkeit der Mitgliedstaaten wirkungslos.
Dennoch bestünde jetzt die Chance, der Region eine Perspektive auf eine friedliche Zukunft zu eröffnen. Dazu müsste aber endlich eine diplomatische Offensive erfolgen, die einen Waffenstillstand erzwingt: im Libanon und in Gaza. Nur massiver Druck wird Netanjahu von seinem Eskalationskurs abbringen. Im Zentrum könnte ein UN-Beschluss stehen, der auf der Resolution 1701 und der Gaza-Resolution 2728 vom März 2024 aufbaut: Friedenstruppen könnten dann den Waffenstillstand an beiden Fronten überwachen sowie Waffenschmuggel und Wiederaufrüstung unterbinden. Die bereits vereinbarte, aber nie erfolgte Stärkung der libanesischen Armee und ihre Stationierung im Süden müssen dann ebenso umgesetzt werden, wie die Rückkehr der Palästinensischen Autonomiebehörde nach Gaza. Klar ist, dass diese Vereinbarungen nur möglich sind, wenn auch Abkommen mit der Hamas und der Hisbollah, über die bereits seit Monaten auf Geheiß der USA mittels verschiedener arabischer Staaten verhandelt wird, geschlossen werden. Ein Ende der israelischen Präsenz vor Ort, die Stationierung einer Beobachtertruppe und eine Öffnung der Grenzen für den Warenverkehr würden die humanitäre Krise entspannen, die Geiseln könnten endlich nach Israel zurückkehren.
Das alles lehnt Israel nicht nur seit Monaten ab, sondern führt einen regelrechten Krieg gegen die Vereinten Nationen; zuletzt hat es UN-General-sekretär António Guterres zur „unerwünschten Person“ erklärt. Daher bedarf es eines international einmütigen und auf der Ebene des Sicherheitsrates abgestimmten Vorgehens, diesmal möglichst mit robusten Mandaten, die von Israels engsten Verbündeten mitgetragen und durchgesetzt werden. Wenn dann ein solcher Waffenstillstand mit einer langfristigen Perspektive einer regionalen Entspannung verbunden würde, wie sie der jordanische Außenminister aufgezeigt hat, könnte dies auch in Israel dazu führen, dass es endlich wieder eine Alternative zum vorherrschenden Rechtskurs gibt.
[1] Vgl. René Wildangel, Die Angst vor dem Flächenbrand, in „Blätter“, 5/2024, S. 17-20.
[2] Ben Hubbard et al., How the Push to Avert a Broader War in Lebanon Fell Apart, nytimes.com, 6.10.2024.