Internationale Konsequenzen der Terroranschläge vom 11. September 2001
"Blätter": Wie beurteilen Sie die anfangs als besonnen eingestufte Reaktion der Bush-Administration und des Westens auf den 11. September, die am 7. Oktober in die Bombardierung von Zielen in Afghanistan umschlug?
Ernst-Otto Czempiel: Die Reaktion war zu erwarten. Wir konnten die Vorbereitungen verfolgen. Die USA zogen über 30 000 Soldaten im Persischen Golf zusammen und verlegten 40 Schiffe, darunter vier Flugzeugträger dorthin. Es sind zudem 300 Flugzeuge in der Region stationiert worden. Das ist eine riesige Armada, die nicht umsonst dorthin geschickt wurde. Daß es nicht früher zu einem Gegenschlag gekommen ist, liegt einfach daran, daß die Logistik eines solchen Aufmarschs Zeit braucht.
"Blätter": Die Bush-Administration hat nach dem 11. September immer wieder unterstrichen, daß die militärische Antwort nur einen kleinen Teil der Gesamtreaktion ausmachen werde. Muß das nach dem Beginn der Angriffe relativiert werden?
Czempiel: Nein, das würde ich überhaupt nicht relativieren. Natürlich ist die militärische Reaktion Teil eines Gesamtpakets. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt vermute ich allerdings, auch angesichts der politisch-strategischen Präferenzen der Bush-Administration, daß der Anteil der militärischen Reaktion sehr groß sein wird.