Über Aufgaben
Was die Wiederwahl von Rot-Grün bedeutet, erörterten wir in der Novemberausgabe der „Blätter“ mit Bettina Gaus. Inzwischen sind Agenda und personalpolitisches Tableau der neuen Bundesregierung umrissen. Über Regierungsabsichten und Realitäten sprachen wir mit Gunter Hofmann, der als Korrespondent der „Zeit“ zuerst in Bonn, jetzt in Berlin seit rund 25 Jahren das politische Geschehen kommentiert. Sein jüngstes Buch „Abschiede, Anfänge. Die Bundesrepublik. Eine Anatomie“ ist im Verlag Antje Kunstmann erschienen (München 2002). – D. Red.
„Blätter“: Rot-Grün ist in seine zweite Amtszeit gestartet: Die ersten Regierungsaktionen sind heftig umstritten und brechen Wahlversprechen, der koalitionsinterne Streit ist bereits im Gange. Der Koalitionsvertrag wirkt ideenlos und die Regierungserklärung vermittelte wenig von der Aufbruchstimmung beim ersten Mal. Wie verträgt sich das mit dem Anspruch Gerhard Schröders, Rot-Grün habe die Chance, die nächsten zehn Jahre zu prägen, aus einer Episode eine Epoche zu machen?
Gunter Hofmann: Ich bin an dem Punkt unenttäuschbar. Vor dem Hintergrund realistischer Erwartungen weiß ich, dass Vertrag und Erklärung bloß Stückwerk sind. Ich setze hier, jenseits von Fatalismus, nicht auf das journalistische Echo, sondern auf die Intelligenz des Publikums.