Ausgabe Dezember 2002

Die Luft ist voller Politik

Über Aufgaben

Was die Wiederwahl von Rot-Grün bedeutet, erörterten wir in der Novemberausgabe der „Blätter“ mit Bettina Gaus. Inzwischen sind Agenda und personalpolitisches Tableau der neuen Bundesregierung umrissen. Über Regierungsabsichten und Realitäten sprachen wir mit Gunter Hofmann, der als Korrespondent der „Zeit“ zuerst in Bonn, jetzt in Berlin seit rund 25 Jahren das politische Geschehen kommentiert. Sein jüngstes Buch „Abschiede, Anfänge. Die Bundesrepublik. Eine Anatomie“ ist im Verlag Antje Kunstmann erschienen (München 2002). – D. Red.

„Blätter“: Rot-Grün ist in seine zweite Amtszeit gestartet: Die ersten Regierungsaktionen sind heftig umstritten und brechen Wahlversprechen, der koalitionsinterne Streit ist bereits im Gange. Der Koalitionsvertrag wirkt ideenlos und die Regierungserklärung vermittelte wenig von der Aufbruchstimmung beim ersten Mal. Wie verträgt sich das mit dem Anspruch Gerhard Schröders, Rot-Grün habe die Chance, die nächsten zehn Jahre zu prägen, aus einer Episode eine Epoche zu machen?

Gunter Hofmann: Ich bin an dem Punkt unenttäuschbar. Vor dem Hintergrund realistischer Erwartungen weiß ich, dass Vertrag und Erklärung bloß Stückwerk sind. Ich setze hier, jenseits von Fatalismus, nicht auf das journalistische Echo, sondern auf die Intelligenz des Publikums.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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