Mit der Abwertung des argentinischen Peso sowie dem Aussetzen der Zinszahlungen und der Schuldentilgung ist ein Kapitel „moderner“ Wirtschaftspolitik für aufholende Länder zu Ende gegangen, das wie kaum ein anderes die ideologische und theoretische Auseinandersetzung der westlichen Welt mit den Entwicklungsländern geprägt hat. Argentinien war lange Jahre der Musterknabe (selbst im englischen Sprachraum hat sich dafür die Vokabel „Wunderkind“ eingebürgert) des Internationalen Währungsfonds und der großen sieben westlichen Industrieländer (G7), der Vorzeigefall für „gute“, weil extrem liberale Wirtschaftspolitik. Das Land am Rio de la Plata hatte sich Anfang der 90er Jahre entschieden, radikal mit der interventionistischen und inflationistischen Vergangenheit zu brechen. Es führte ein System absolut fester Wechselkurse bei vollständiger Öffnung des Kapitalmarktes ein (ein Peso gleich ein US-Dollar), bei dem die inländische Geldversorgung vollständig von Kapitalzuflüssen aus dem Ausland gedeckt sein muß – den sogenannten currency board. Zugleich verwirklichte es ein extrem ehrgeiziges Liberalisierungs- und Privatisierungsprogramm.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.