Ausgabe Juli 2002

Wir sind so frei

Zum rechtspopulistischen Kurswechsel der FDP

Innerhalb weniger Wochen hat sich die FDP selbst in den Mittelpunkt des Wahlkampfes gerückt. Der Antisemitismusstreit, den die Liberalen auslösten, dominierte in den letzten Monaten die politische Tagesordnung. Die Affäre um Jamal Karsli, die sich zur Affäre Möllemann und schließlich auch zur Affäre Westerwelle ausweitete, berührt Fragen des demokratischen Selbstverständnisses der Freien Demokraten und des Selbstverständnisses demokratischer Parteien in der Bundesrepublik. Die über Wochen vorgetragenen, von der Parteispitze lange Zeit geduldeten, Invektiven des VizeParteivorstands Jürgen W. Möllemann offenbaren nicht nur das "Spiel" mit antisemitischen Stimmungen, sondern erlauben es, mindestens bei gewichtigen Teilen der Partei einen kohärenten r e c h t s p o p u l i s t i s c h e n P o l i t i k a n s a t z zu vermuten.

Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen zielen darauf, "in der Bevölkerung latent oder offen vorhandene Ressentiments aufzugreifen, zu mobilisieren und emotional aus ihnen Kapital zu schlagen". Dabei vermarkten sich rechtspopulistische Parteien und Bewegungen "als Interpreten und Fürsprecher der Meinungen und Forderungen des 'einfachen Mannes' und seines gesunden Menschenverstandes.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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