Ausgabe Oktober 2002

Kästchendenken in Johannesburg

"Wir, die Repräsentanten der Menschen in der Welt, erneuern unsere Verpflichtung zur nachhaltigen Entwicklung". So anspruchsvoll beginnt die feierliche Deklaration der Staatsoberhäupter zum Abschluss des UN-Gipfels für nachhaltige Entwicklung, der am 4. September in Johannesburg zu Ende ging.

Während die etwa einhundert im vornehmen Johannesburger Vorort Sandton versammelten Regierungschefs diese Erklärung abgaben, hatte der von Präsident Bush zu einer kurzen Stippvisite entsandte US-Verteidigungsminister Colin Powell bereits besseres zu tun: Er befand sich in einem Hubschrauber über den Regenwäldern des ölreichen Gabun, zusammen mit dessen Präsidenten Omar Bongo, einem in Afrika insbesondere für bad governance bekannten Repräsentanten der Menschen. Diesen lobte er als Beispiel für ganz Afrika, allerdings nicht wegen seines diktatorischen Regierungsstils und diverser erfolgreicher Wahlmanipulationen, sondern weil er unlängst einen Teil des Gabunischen Regenwaldes zu Nationalparks erklärt hatte. So flexibel kann amerikanische Außenpolitik sein. Powell, dem in der Bush-Administration die Rolle des good guy zukommt, gab anschließend zu Protokoll, das Highlight seiner Afrikavisite sei "nicht das Gipfeltreffen, sondern ein Waldspaziergang" gewesen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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