Seit fast einer Generation begleitet die bundesdeutsche Kernkraft-Diskussion eine Debatte über geeignete Techniken und akzeptable Standorte für die Endlagerung radioaktiver Abfälle. 99% der Radioaktivität aller Abfälle ist in den wärmeentwickelnden Abfällen enthalten, die zu einem großen Teil aus langlebigen Radionukliden bestehen und insgesamt unter 10% der Abfallmenge ausmachen – rund 24000 Kubikmeter dieser Abfälle werden bis 2040 entstehen, 8400 Kubikmeter gab es in Deutschland bereits Ende 2000.1 Die Auseinandersetzungen um Gorleben als potentiellen Standort halten auch deshalb seit 25 Jahren an, weil die Kriterien für die Auswahl dieses Standortes den Betroffenen vor Ort nicht einsichtig gemacht werden konnten. Vor allem entstand in der Region nie das Gefühl, dass neben Gorleben weitere mögliche Standorte untersucht wurden. Nur dies wäre aber ein Verfahren, mit dem das politische Klima in der Region um Gorleben wirklich verbessert werden könnte.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.