
Bild: Graffiti an der Abhörstation Teufelsberg in Berlin, 27.1.2021 (IMAGO / Joko)
Angesichts einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus geht in Deutschland die Angst um, gegenüber Russland bald „schutzlos“ zu sein. Atemlos wird die Frage gestellt, ob Deutschland oder die EU nicht über Atomwaffen verfügen müssten, um sich selbst schützen zu können, falls die USA der Nato den Rücken kehren.
Dabei ist die Diskussion um deutsche Atomwaffen keineswegs neu.[1] Sie reicht zurück bis vor den Beitritt zum nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV). Den bezeichnete der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß vor der Unterzeichnung 1969 als ein „Versailles von kosmischen Ausmaßen“, weil Westdeutschland durch ihn völkerrechtsverbindlich auf den Atomwaffenbesitz verzichtete.
Anders als für Strauß blieb die Vorstellung einer Atommacht Deutschland für die meisten Menschen hierzulande anrüchig, das Land sah sich als „Zivilmacht“. Die steile Forderung, auch Berlin müsse über nukleare Massenvernichtungswaffen verfügen, war ein Aufreger für die Meinungsseiten der deutschen Tageszeitungen, viel mehr nicht. Die letzte Auflage der Diskussion fand 2017 zu Beginn der Amtszeit von Donald Trump statt. Damals rauschte es vor allem im rechtskonservativen Blätterwald gewaltig.
Neu an der jüngsten Auflage ist, dass angesichts der russischen Invasion der Ukraine nun auch Akteure aus dem gesamten politischen Mainstream die Frage nach deutschen oder europäischen Atomwaffen stellen.