Ausgabe September 2003

Blairs Nemesis

Vergegenwärtigen wir uns die Situation im Herbst 2001. So paradox es heute klingen mag: Die Konstellation politischer Kräfte erschien damals günstig, sowohl auf der britischen Insel als auch in der internationalen Arena. Zwar kriselte die Konjunktur weltweit, zwar herrschte Bestürzung über die fürchterlichen Vorkommnisse in den USA am 11. September, zwar rumorten die regionalen Konflikte auf dem Balkan, im Kaukasus, in Afrika. Aber …

In Großbritannien hatte sich die Labour Party durch die Wahl im Frühjahr ein sattes parlamentarisches Polster für die nächsten fünf Jahre zugelegt und so die Hoffnungen der Stamm-Wähler – kurzfristig enttäuscht durch die fiskale Knauserigkeit der ersten Labour-Legislaturperiode – wiederbelebt. Rupert Murdoch und dessen Medienimperium ("The Times", "The Sun", "The Sunday Times", Sky TV) zu umwerben, hatte sich eindeutig ausgezahlt.1 Und das Massaker in Manhattan hatte weltweit eine Welle der Solidarität mit den Angegriffenen ausgelöst, was eine einmütige und gemeinsame Kampagne gegen den Terrorismus versprach.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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