Die Rede Martin Hohmanns, für den Antisemitismusforscher Wolfgang Benz die erste "geschlossene judenfeindliche Argumentation von einem Politiker einer demokratischen Partei" in der Geschichte der Bundesrepublik, ist noch weit mehr als das. Wie die Solidarisierung mit Hohmann innerhalb und außerhalb der Union zum Ausdruck bringt - und auch die reichlich verspätete Notbremse Angela Merkels, der erste CDU-Fraktionsausschluß der Geschichte, kann darüber nicht hinweg täuschen -, ist der Fall Hohmann erschreckender Ausdruck der geistigen Befindlichkeit bis weit in die Mitte dieser Gesellschaft.1
In Hohmanns Auftritt am Nationalfeiertag 2003 artikulierte sich ein weit verbreitetes diffuses Unbehagen am Selbstbild der Bundesrepublik. Hohmanns verquere Mischung aus gekränktem Nationalismus und katholischem Fundamentalismus bediente sich der antisemitischen Argumentationslogik zu einem Zweck: der Entlastung der deutschen Nation. Dem CDU-Abgeordneten aus Neuhof bei Fulda gelang es, einen völkisch-nationalen Diskurs zu intonieren, der ethnisch homogene Entitäten - "Tätervölker" - konstruiert und gegeneinander in Stellung bringt. Die Diskriminierung "der Juden" wird ihm Mittel zur Entlastung "der Deutschen" als nationaler Volksgemeinschaft.