Angesichts der grassierenden Programm- und Wertedebatte wird gegenwärtig auch über mögliche Unterschiede der beiden großen Lager diskutiert – wenn auch mit bisher eher dürftigen Ergebnissen. Insbesondere was Konservatismus heute in Deutschland (oder auch Europa) bedeutet, hat die eher angestrengt wirkende Diskussion vor und nach den Bundestagswahlen jedenfalls nicht geklärt.
Da liegt es nahe, sich an dem Konservatismus zu orientieren, der derzeit weltweit am erfolgreichsten scheint – zumindest gemessen an den letzten Wahlergebnissen. Ganz in diesem Sinne hat sich David Cameron, der neue Parteiführer der britischen Tories, bereits als Repräsentant eines „modernen mitfühlenden Konservatismus“ definiert – wobei ganz offensichtlich George W. Bushs compassionate conservatism als Vorbild dient. Sogar in Frankreich ist man nach den Unruhen in den banlieus und den Protesten in diesem Frühjahr plötzlich aufgeschlossener für alle möglichen (mancher würde sagen: verzweifelten) Maßnahmen, den Sozialstaat zu reformieren, ohne dabei als destruktiv und kaltherzig zu erscheinen.
Und in der Tat ist der Konservatismus des Mitgefühls nicht einfach reaktionäre Augenwischerei, wie man hierzulande oft denkt. Die Ideen dahinter sind soziologisch keineswegs uninteressant.