Hisbollah, Israel und das koloniale Erbe
Es sollte ein ruhiger Sommer werden. Kein anderer als Hassan Nasrallah, Generalsekretär der libanesischen Hisbollah-Partei und Oberbefehlshaber der Hisbollah-Milizen, hatte dieses Versprechen gegeben: Die Touristensaison und die sich weiter erholende libanesische Wirtschaft wolle er keineswegs durch spektakuläre, gegen Israel gerichtete Militäraktionen gefährden. Das hatte Nasrallah noch wenige Tage vor dem Beschuss Nordisraels und der anschließenden Entführung zweier israelischer Soldaten der Regierung in Beirut und, über Kontaktleute, den Vereinten Nationen mitgeteilt.
Über dieses überraschende Detail aus der Vorgeschichte des jüngsten Nahostkrieges, der ungeachtet des ausgehandelten Waffenstillstandes keineswegs als endgültig beendet angesehen werden kann, berichtete die „International Crisis Group“ (ICG).1 Nasrallah hatte aber auch, nämlich bereits im Herbst 2005, angekündigt, das Jahr 2006 werde das „Jahr der Rückführung der Gefangenen” sein.2 Noch immer befinden sich drei libanesische Bürger in israelischer Haft, einer, Samir Kuntar, libanesischer Druse, schon seit 1978. Zudem sitzen etwa 9000 Palästinenser in israelischen Gefängnissen, viele davon deshalb, weil sie an der im Jahr 2000 ausgebrochenen zweiten Intifada teilgenommen hatten. Zu ihnen gehört der charismatische PLO-Führer Marwan Bargouti.