Ausgabe Dezember 2023

Modis Vision, Indiens Verhängnis

Der indische Premierminister Narendra Modi bei einer Rede zur Feier des Diwali-Festes in einem Himalaya-Stützpunkt, 12.11.2023 (IMAGO / Pib /Press Information)

Bild: Der indische Premierminister Narendra Modi bei einer Rede zur Feier des Diwali-Festes in einem Himalaya-Stützpunkt, 12.11.2023 (IMAGO / Pib /Press Information)

Oberflächlich betrachtet war 2023 ein hervorragendes Jahr für den indischen Nationalstaat und die Bemühungen von Premier Narendra Modi, das Bild eines aufstrebenden Landes zu zeichnen, das endlich seinen wohlverdienten Platz unter den führenden Nationen einnimmt. Nach UN-Schätzungen ist Indien seit April dieses Jahres das bevölkerungsreichste Land der Erde und stellt die am stärksten wachsende große Volkswirtschaft. Die Landung der Chandrayaan-Sonde auf dem lunaren Südpol im Juli passt perfekt in diese Erzählung – Indien ist damit erst der vierte Staat, dem eine Mondlandung gelungen ist. Auf diplomatischer Ebene schafft es Neu-Delhi derweil geschickt, sowohl durch die geopolitischen Verwerfungen des Ukrainekriegs als auch der US-China-Rivalität zu manövrieren und diese zum eigenen Vorteil zu nutzen. Der G 20-Gipfel in Neu-Delhi, der Anfang September unter dem geflügelten Sanskrit-Wort „eine Welt, eine Familie, eine Zukunft“ stattfand, markierte den Höhepunkt dieser globalen Ambitionen.

Allerdings scheint sich das Gastgeberland dem eigenen Slogan nicht übermäßig verpflichtet zu fühlen. Denn während Modi seine internationalen Gäste Kränze für Mohandas „Mahatma“ Gandhi niederlegen ließ und Indien als „Mutter der Demokratie“ anpries, versinkt Nordostindien de facto in einem Bürgerkrieg, dessen Hauptleidtragende Christen sind.

»Blätter«-Ausgabe 12/2023

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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