Ausgabe Juni 2008

Zukunft oder Vergangenheit

Die Vereinigten Staaten vor der Wahl

Unser kürzlich verstorbener Nationalprophet, Norman Mailer, hat einmal gesagt, der Charakter des Präsidenten bestimme die gesamte Kultur des Landes. Das trifft gewiss zu, aber umgekehrt spiegeln sich in der Auswahl des jeweiligen Präsidenten auch die Tiefenschichten der nationalen Psyche. Die außerordentliche Personalisierung unserer Präsidentschaftswahlkämpfe, die Aufmerksamkeit, die Charakter und Lebensgeschichte der Kandidatinnen und Kandidaten und ihren Familien gezollt wird, das alles läuft nicht selten auf eine Flucht vor der ernsthaften politischen Auseinandersetzung hinaus – wie insbesondere die jüngste Vergangenheit gezeigt hat.

Als der sowohl intellektuell wie moralisch schwache augenblickliche Amtsinhaber gegen zwei weitaus seriösere Kandidaten – erst Al Gore und dann John Kerry – kämpfte, rühmten ihn prominente Kommentatoren als einen Kerl, mit dem man Bier trinken gehen könne. In der Tat: George W. Bush hatte zwar die Elite-Uni Yale besucht, stand aber nicht in dem Verdacht, dort viel Zeit in der Bibliothek verbracht zu haben. Gore und Kerry hingegen verfügten über die beunruhigende Fähigkeit, mit komplexen Begriffen und Sätzen umzugehen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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