Am 5. Oktober 2008 einigte sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung auf die Erweiterung von Art. 35 Grundgesetz. Mit zwei zusätzlichen Absätzen sollten die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Bundeswehr nun auch im Innern eingesetzt werden kann – was eine kategoriale verfassungsrechtliche Zäsur bedeutet hätte. Obschon das Vorhaben von der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wurde, scheiterte es – jedenfalls vorerst – nur daran, dass die SPD-Fraktion doch noch kalte Füße bekam und damit die für die Grundgesetzänderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit ausfiel.
Dennoch bleibt die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble seit seinem Amtsantritt betriebene Verfassungsmodifizierung weiterhin hoch virulent.
Die jüngere Vorgeschichte des Vorhabens ist schnell erzählt: Unmittelbar nach 9/11 wurde öffentlich die Forderung erhoben, die Bundeswehr an der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zu beteiligen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion brachte wiederholt Anträge ins Parlament ein, die zum Ziel hatten, der Bundeswehr Aufgaben des zivilen Objektschutzes, der Verhinderung unmittelbar drohender Katastrophen und der Abwehr von Gefahren aus der Luft und von See her zu übertragen. Zu diesem Zweck sollte sowohl Art. 35 GG umformuliert als auch Art. 87a GG erweitert werden.