Ausgabe November 2008

Die Rückkehr des Staates

Anfang 2007 trat in der EU unter dem Namen „Basel II“ eine Bankenreform in Kraft, die allseits dafür gepriesen wurde, dass sie die direkte staatliche Bankenaufsicht zurückdrängt, die Banken in mehr „Eigenverantwortung“ entlässt und auf die „Marktdisziplin“ statt rechtlicher Vorschriften als Sicherheit gegen Fehlentwicklungen vertraut. Banken ist es seitdem erlaubt, die Risiken der von ihnen vergebenen Kredite weitgehend durch „interne Risikomodelle“ selbst festzulegen und entsprechendes Eigenkapital als Reserve für den Fall des Kreditausfalls zurückzulegen. Diese Teilprivatisierung der Bankenaufsicht hat die Hemmschwelle der Banken gesenkt und ihre Kreditvergabe an Finanzinvestoren und Spekulanten aller Art massiv beflügelt. Gleichzeitig haben sie sich zunehmend selbst in spekulative Geschäfte eingelassen. Das Ergebnis ist zurzeit zu besichtigen. Die Spekulanten haben sich verzockt, die Banken geraten in Schwierigkeiten, der Crash ist da.

In dieser Not ist der Staat wieder willkommen. Die Unverfrorenheit, mit der die Verursacher der Krise jetzt staatliche Subventionen zur „Rettung des Finanzsystems“ fordern, ist ebenso atemberaubend wie die staatliche Bereitschaft, diese Forderung zu erfüllen. Dafür stehen plötzlich wie aus dem Hut gezauberte Bürgschaften bereit – allein mit Blick auf die Hypo Real Estate handelt es sich um 50 Mrd.

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