Ausgabe November 2008

Verdrängt und Vergessen

Der Philosoph und Publizist Theodor Lessing

„Prof. Lessing ermordet. Revolveranschlag in Marienbad. Schuss durchs Fenster.“ Mit dieser Überschrift erschien am 31. August 1933 das „Prager Tageblatt“. Der exponierte hannoversche Jude und bekannte sozialdemokratische Schriftsteller und Philosoph wurde eines der frühen Opfer jenes rechtszerstörerischen Prozesses, den die Regierung Hitler von der Machtübernahme an systematisch organisierte.„Prof. Lessing ermordet. Revolveranschlag in Marienbad. Schuss durchs Fenster.“ Mit dieser Überschrift erschien am 31. August 1933 das „Prager Tageblatt“. Der exponierte hannoversche Jude und bekannte sozialdemokratische Schriftsteller und Philosoph wurde eines der frühen Opfer jenes rechtszerstörerischen Prozesses, den die Regierung Hitler von der Machtübernahme an systematisch organisierte. Noch im Exil stellte Lessing für die Nazis eine Gefahr dar. Mit dem Gesicht nach Deutschland nahm er in vielen Artikeln die neue Schreckenszeit ins Visier.

Ein 1933 in Prag gedruckter Artikel liest sich wie ein Resümee seines Denkens. Fichte und Kant sind seine Gewährsleute, die, gegen eine autoritäre Ordnung gesellschaftlicher Unmündigkeit, den Gedanken der Menschenwürde aller begründen. Den von den Nazis propagierten Kampf der Völker ums Dasein nennt Lessing ein „Bullen-Ideal, wo Macht auch schon Recht […] ist.

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.

Allzu perfekte Opfer

von Olga Bubich

„Das normale Vergessen ist der programmierte Zelltod des geistigen Lebens. Es formt die Erfahrung zu einer nützlichen Geschichte“, schreibt der amerikanische Schriftsteller Lewis Hyde. Da es keinen Grund gibt, ihm zu widersprechen, stellt sich eine nicht minder logische Frage – nützlich für wen?

Befreiung als Zusammenbruch

von Klaus-Dietmar Henke

Im August 1941 wandte sich Thomas Mann in einer seiner berühmten Radiobotschaften aus dem amerikanischen Exil wieder einmal an die deutschen Hörer. Die Sowjetunion schien fast besiegt, die Vereinigten Staaten befanden sich noch nicht im Krieg, Präsident Roosevelt und Winston Churchill hatten mit der Atlantik-Charta eben ihren Gegenentwurf zu Hitlers Pax Germanica der totalen Unterwerfung verkündet.

Kein »Lernen aus der Geschichte«

von Alexandra Klei, Annika Wienert

Wofür steht der 8. Mai 1945 in der deutschen Erinnerungskultur? Bereits zum 70. und zum 75. Jahrestags beschäftigten wir uns ausführlich mit dieser Frage. Ist dem jetzt, am 80. Jahrestag, etwas Neues hinzuzufügen?