Ausgabe Dezember 2009

Glaube und Politik

Der deutsche Protestantismus und das Erbe der Bekennenden Kirche

Bei all den großen Gedenktagen dieses Jahres ging fast unter, dass das Jahr auch für die evangelische Kirche von eminenter geschichtlicher und politischer Bedeutung war. Heute vor 75 Jahren setzte die Bekennende Kirche mit der von Karl Barth formulierten theologischen Erklärung von Barmen ein großes Zeichen, das die christliche Existenz mit einem kritischen Auftrag gegenüber den politischen Herren dieser Welt verbindet. Die Synoden der Bekennenden Kirche formulierten eine biblisch begründete Verwerfung des Totalitätsanspruchs der nationalsozialistischen Diktatur. Für die Infragestellung der Machtstrukturen des alten Äon, die die ersten christlichen Gemeinden durch die Aufhebung weltlicher Hierarchien zu überwinden begannen, haben die Positionen dieser Synoden bis heute richtungsweisende Bedeutung.

Ungeachtet dessen werden heute im Protestantismus wieder stärker Positionen vertreten, die bestehende gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse unbiblisch legitimieren. Gleichzeitig wird der Glauben privatisiert und das politische Geschehen einer von neutestamentlichen Weisungen unterschiedenen Eigengesetzlichkeit überantwortet. Diese Auffassung stützt sich explizit auf die Lehre Martin Luthers.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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