Die Parlamentswahl vom 26. September hat die politischen Kräfteverhältnisse in Venezuela verändert. Die Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) von Präsident Hugo Chávez, der seit 1999 amtiert, konnte zwar die Mehrheit der Mandate behaupten, sie erzielte jedoch lediglich 48,1 Prozent der Listenstimmen und erlitt damit einen erheblichen Dämpfer. Bei der Präsidentschaftswahl 2006 hatte Chávez selbst noch über 60 Prozent der Stimmen erhalten. Die PSUV errang in diesem Jahr aufgrund des Wahlsystems, das die bevölkerungsarmen der 23 Bundesstaaten des Landes bevorzugt, zwar 98 von 165 Sitzen in der Nationalversammlung, verfehlte aber deutlich ihr selbst erklärtes Ziel einer Zweidrittelmehrheit. Das bedeutet, dass sie künftig nicht mehr im Alleingang über die Besetzung des Obersten Gerichts, die Wahlbehörde und insbesondere über die „Organgesetze“ bestimmen kann, welche die verfassungsmäßigen Rechte konkretisieren und die öffentlichen Gewalten organisieren. Knapp verfehlt wurde zudem eine Dreifünftelmehrheit, die es der PSUV ermöglicht hätte, den Präsidenten mit gesetzgeberischen Vollmachten auszustatten. Immerhin behält die Partei eine komfortable Mehrheit, mit der sie einfache Gesetze ohne Probleme verabschieden kann.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.