Ausgabe Februar 2011

Demokraten ohne Vertrauen

Die Vereinigten Staaten und die Misere der Linken

In Amerika muss man zwischen Wetter und Klima unterscheiden. Das Wetter ist schlecht dort zur Zeit, aber das Klima ist gut.“ So äußerte sich der britische Diplomat und Historiker Harold Nicolson im Jahre 1947 während eines Gesprächs mit Thomas Mann. Damals begannen die USA gerade, von der Angst vor dem Kommunismus in Bann geschlagen zu werden. In Bezug auf das „Wetter“, sprich: den sich ausbreitenden Antikommunismus der McCarthy-Ära, bemerkte der besorgte Thomas Mann später in einem Brief an eine Freundin: „Die Auslegung, dass es sich um eine gewisse moralische Abspannung des Landes nach den Anstrengungen der Rooseveltschen Genie-Periode handle, ist mir noch die liebste.“[1]

Nur zwei Jahre nach dem Amtsantritt Barack Obamas und dem Ende der verhängnisvollen Präsidentschaft George W. Bushs ist das „Wetter“ in den USA erneut sehr schlecht. Beleg dafür ist der dramatische Tadel, den die Wähler Präsident Obama und seinen Demokraten bei den Zwischenwahlen Anfang November 2010 erteilt haben. Diese waren auch ein Sieg der reaktionären Obstruktionspolitik und der Falschinformationen, geprägt von Nativismus und Antiintellektualismus.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (3.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

80 Jahre UNO: Auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit?

von Jan Eijking

Am 24. Oktober feiern die Vereinten Nationen ihr 80. Jubiläum – doch Anlass zum Feiern gibt es kaum. Das UN-System befindet sich in einem bespiellos schlechten Zustand. In der aktuellen Krise zeigen sich strukturelle Probleme, die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der UN ziehen.