Am Anfang von Flucht und Vertreibung war der Krieg
Ein Gutes, immerhin, hat die erbitterte Debatte über Erika Steinbach und die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“: Es wird wieder diskutiert über die Geschichte zwischen Deutschen und Polen. Lange, allzu lange hatte der Kalte Krieg die Verbindungen zwischen den beiden Völkern massiv eingeschränkt. Immerhin gab es dann in den 80er Jahren Hilfsaktionen von Deutschen für das im Kriegszustand versunkene Polen, so dass man hier – anders als etwa in der Tschechoslowakei – nach 1989 nicht ganz von vorne anfangen musste.
Zu Beginn des Kalten Krieges wurde über die Vergangenheit dagegen nicht diskutiert. Beide Seiten hielten sich für Opfer, wussten aber wenig voneinander. Zudem wurde der Informationsstrom bewusst eingeschränkt, weshalb die Realitäten des Krieges im Osten vielerorts in Vergessenheit gerieten. Das erlaubte es vielen Deutschen, vor der Frage nach der Verantwortung für den Krieg und die damit verbundenen Leiden zu fliehen – und zwar Verantwortung sowohl für die eigenen Leiden, als auch vor allem für die Leiden der zwischen Deutschland und Russland angesiedelten Völker, der Weißrussen, Polen und Ukrainer, deren Gebiete wortwörtlich blutgetränkt waren und die 10 bis 20 Prozent ihrer Bevölkerung, ganz überwiegend Zivilisten, verloren hatten.