Europas Zäune, Europas Schande
Es gibt Fotos, die den Lauf der Welt verändert haben. Die Macht der Bilder könnte dazu beitragen, die europäische Flüchtlingspolitik zu humanisieren und den Bau neuer Mauern in Europa zu verhindern.
Jan M. Piskorski, geb. 1956 in Szczecin/Polen, Professor für Vergleichende Geschichte an der Universität Szczecin.
Im Folgenden finden Sie sämtliche »Blätter«-Beiträge von Jan M. Piskorski.
Es gibt Fotos, die den Lauf der Welt verändert haben. Die Macht der Bilder könnte dazu beitragen, die europäische Flüchtlingspolitik zu humanisieren und den Bau neuer Mauern in Europa zu verhindern.
Siebzig Jahre nach der Shoah – dem von einem hochentwickelten europäischen Staat unternommenen Versuch der planmäßigen Ermordung sämtlicher Juden – ist es offensichtlich, dass die jüdische Diaspora und die Israelis viele Gründe dafür haben, sich innerlich wie äußerlich bedroht zu fühlen.
Ein Gutes, immerhin, hat die erbitterte Debatte über Erika Steinbach und die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“: Es wird wieder diskutiert über die Geschichte zwischen Deutschen und Polen. Lange, allzu lange hatte der Kalte Krieg die Verbindungen zwischen den beiden Völkern massiv eingeschränkt.
Maria, die russische Ehefrau des polnischen Dichters Jan Kasprowicz, war sich schon bald nach ihrer Trauung 1911 darüber im Klaren, dass man die Polen nur verstehen könne, wenn man ihre schmerzhafteste Wunde und zugleich ihren größten Komplex berücksichtigt: nämlich den Untergang des Staates am Ende des 18. Jahrhunderts.