Was im Jahre 1999 als Verschriftlichung von Vorlesungen begann, kommt nun, über ein Jahrzehnt später, mit Erscheinen des vierten Bandes zu seinem krönenden Abschluss: Frank Deppes Opus Magnum über das Politische Denken im 20. Jahrhundert. Und diese bislang umfassendste Diskussion neueren politischen Denkens aus der Feder eines marxistischen Politikwissenschaftlers hat es wahrhaftig in sich.
Der Marburger Hochschullehrer begibt sich dabei nicht in die luftigen Höhen einer bloßen Geistes- oder Ideengeschichte. Er erweitert und erneuert vielmehr die unorthodoxe, von Marx und Engels inspirierte Tradition, wie sie Max Horkheimer und Theodor W. Adorno sowie seine Lehrer Werner Hofmann und Wolfgang Abendroth entwickelten – und zwar indem er die Ideen und deren Urheber in den Kontext konfliktreicher Kämpfe stellt: von den Erschütterungen der bürgerlichen Welt am Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Sturz in die Weltkriegsepoche, vom Zeitalter des Kalten Krieges bis in die Gegenwart des entfesselten Finanzkapitalismus.
Entstanden ist so ein Grundlagentext, der sich in eigentümlichem Widerspruch zur Situation an den Massenuniversitäten bewegt, in der „die Arbeitsbedingungen für die Konzentration auf längere, individuelle Projekte extrem ungünstig sind“. Kurzum: Es ist ein Werk, das aus anderen Zeiten kommt, aber auch in andere gehen will.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.