Ausgabe September 2012

Kapitalismus: Eine Gespenstergeschichte, 3. Teil

Die Totengräber des Planeten und die Rückeroberung der Nacht

Die indische Armut erlebt – nach einer kurzen Phase der Verdrängung, in der Indien „erstrahlte“ – als exotische Erscheinungsform im Kunstbetrieb ihr Comeback, angeführt von Filmen wie „Slumdog Millionaire“. In den einschlägigen Erzählungen über die Armen, über ihr erstaunliches Temperament und ihre Zähigkeit, gibt es keine Schurken – abgesehen von den kleinen, die für Spannung und Lokalkolorit sorgen. Die Autoren dieser Werke sind das zeitgenössische Pendant zu den Anthropologen der ersten Stunde, deren Arbeit „vor Ort“ man rühmte und prämierte, weil sie sich so tapfer ins Unbekannte vorwagten. Die Reichen indes werden nur selten auf diese Art und Weise inspiziert.

Das neoliberale Establishment musste, nachdem es herausgefunden hatte, wie man Regierungen, politische Parteien, Wahlen, Gerichte, die Medien und die liberale Öffentlichkeit managt, nur noch ein Problem lösen: Wie mit der wachsenden Unruhe, wie mit „people‘s power“ – der Gefahr einer Gegenmacht von unten – umzugehen sei. Wie zähmt man diese Leute? Wie verwandelt man Menschen, die aufwachen und sich wehren, in geduldige Haustiere? Wie saugt man die Wut der Leute ab? Wie leitet man diese in Sackgassen um?

Auch auf diesem Felde können die Stiftungen und ihre Partnerorganisationen auf eine lange und illustre Geschichte verweisen.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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