»Wir sind zu Nazis geworden«
Indiens prominente Schriftstellerin Arundhati Roy soll wegen Kritik an der Regierung vor Gericht. Die Zerstörung der Demokratie unter dem Hindu-Nationalisten Modi beschrieb sie in den »Blättern« 11/23.
Arundhati Roy, geb. 1961 in Shillong/Indien Schriftstellerin, Drehbuchautorin, politische Aktivistin und Globalisierungskritikerin, Trägerin des Booker Prize.
Im Folgenden finden Sie sämtliche »Blätter«-Beiträge von Arundhati Roy.
Indiens prominente Schriftstellerin Arundhati Roy soll wegen Kritik an der Regierung vor Gericht. Die Zerstörung der Demokratie unter dem Hindu-Nationalisten Modi beschrieb sie in den »Blättern« 11/23.
Assam ist ein Grenzstaat, der in seiner Geschichte unter verschiedener Hoheit stand. Über Jahrhunderte wurde er geprägt von Migration, Kriegen, Invasionen, sich ständig verschiebenden Grenzen und dem britischen Kolonialismus. Dazu kommen mehr als 70 Jahre parlamentarischer Demokratie, die jedoch nur die Bruchlinien einer gefährlich leicht entflammbaren Gesellschaft vertieft haben.
Indien lebte stets von seiner Vielfalt und seinen Gegensätzen. Doch seit der Wahl von Narendra Modi zum Premierminister droht sich das zu ändern: Denn Modi kämpft für eine Vorherrschaft der Hindus – und zwar mit allen Mitteln.
Ich fühle mich sehr geehrt, die diesjährige „Arthur Miller Freedom to Write Lecture“ des PEN America halten zu dürfen. Hätten Arthur Miller und ich derselben Generation angehört und wäre ich US-Bürgerin gewesen, so wären wir uns wohl bei einer Vorladung vor das Komitee für unamerikanische Umtriebe in die Arme gelaufen.
Die indische Armut erlebt – nach einer kurzen Phase der Verdrängung, in der Indien „erstrahlte“ – als exotische Erscheinungsform im Kunstbetrieb ihr Comeback, angeführt von Filmen wie „Slumdog Millionaire“.
Die folgende Kritik mag manch einem zugespitzt erscheinen. Doch gerade ihre Schärfe lässt sich als eine Art Anerkennung derer verstehen, die ihr Leben der Aufgabe widmeten, den Kapitalismus weltweit auszubreiten und zu sichern. Man kommt nicht umhin, ihre visionäre Kraft, ihre Flexibilität, Raffinesse und unerschütterliche Entschlossenheit anzuerkennen.
Ist es ein Haus oder ein Heim? Ein Tempel zu Ehren des neuen Indien oder eine Unterkunft für seine Gespenster? Seit das Antilla in Mumbais Altamont Road steht, geheimnisvoll und als stille Drohung, ist nichts mehr, wie es vorher war. „Da sind wir“, sagte der Freund, der mich hingeführt hatte: „Entbiete unserem neuen Herrscher deinen Respekt.“