Ausgabe August 2013

»Geld ist ein guter Soldat, mein Herr, und macht sich Bahn«

William Shakespeare und die aktuelle Finanzkrise

Von Joseph von Eichendorff, deutscher Dichter der Romantik und gut zweihundert Jahre nach Shakespeare geboren, stammt ein bekannter Vierzeiler über die verborgene Poesie der Welt. Er ist so schön, dass er auch im „Sommernachtstraum“ stehen könnte: „Schläft ein Lied in allen Dingen / Die da träumen fort und fort / Und die Welt hebt an zu singen / Triffst du nur das Zauberwort.“ Das kleine Gedicht heißt „Wünschelrute“. Das richtige Dichterwort, das Zauberwort – es sucht und findet den Kern der Dinge, es weckt, so glaubt Eichendorff, die Dinge auf; es sprengt die Grenzen, alle Grenzen, es weckt die Welt und öffnet alle Räume, die eben noch verschlossen waren. Das richtige Wort befreit, es entgrenzt, es verzaubert. Es ist die blaue Blume. So haben das die Romantiker gesehen.

Shakespeare, der Sprachzauberer, war kein Romantiker, sondern ein Realist. Seine Wünschelrute war das Geld. Ihm, dem Geld, schreibt er magische Kräfte zu – die Kraft der Verwandlung. Es macht „schwarz weiß, alt jung, feig tapfer, niedrig edel“. Es „führt der abgebrauchten Witwe Freier zu; Ja sie, vor der Spital und Eiterbeulen / Der Ekel packen würd, gewinnt dadurch / Den Maienduft zurück.“ So steht es im „Timon von Athen“, in dem Stück, in dem die unvernünftige Freigebigkeit Timons zum Quell von Unheil wird.

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema