Ausgabe Juni 2013

Genauer lesen: Wo der Antisemitismus wirklich steckt

In den Mai-„Blättern“ warf der Soziologe Michal Bodemann dem Deutschen Bundestag partielle Blindheit im Kampf gegen den Antisemitismus vor – und zwar infolge einer fehlerhaften Expertenstudie. Dem widerspricht entschieden der an dem Bericht beteiligte Politikwissenschaftler und Soziologe Armin Pfahl-Traughber. 

Am 6. Mai hat der Prozess gegen Beate Zschäpe nun endlich begonnen. Dabei geht es um die Beteiligung an Morden und Sprengstoffanschlägen, die sich meist gegen türkischstämmige Menschen richteten. Angesichts der besonderen Brutalität der Taten geriet eines aus dem Blickfeld: Am Beginn der terroristischen Karrieren der NSU-Mitglieder standen auch antisemitisch motivierte Aktionen. So hängte Uwe Böhnhardt einen Puppentorso mit einem Judenstern an eine Autobahnbrücke. Und nach dem Abtauchen in den Untergrund stellten er und Uwe Mundlos das Brettspiel „Pogromly“ her. Dabei machten sie sich in ähnlich menschenverachtender und zynischer Weise wie in dem späteren „Paulchen- Panther“-Video über die Ermordung von Juden lustig. Beide Fälle zeigen exemplarisch, dass Neonazis als die besonders ausgeprägten Akteure des manifesten Antisemitismus gelten müssen. In keiner anderen Gruppe ist der Hass auf die Juden so deutlich präsent und geht mit einer derart offenen Gewaltbereitschaft bis zur erklärten Vernichtungsabsicht einher.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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