Ausgabe August 2016

Alternative für Antisemitismus

Eines muss man der AfD lassen: Langweilig wird es mit ihr nicht. Wer gedacht hatte, dass die Gauland-Boateng-Kontroverse bereits der Höhepunkt ihrer rassistischen „Debattenkultur“ gewesen ist, wurde durch das Schmierentheater im Stuttgarter Landtag eines Schlechteren belehrt. Wann hat es das schon einmal gegeben, dass ein Parteivorsitzender seiner Co-Vorsitzenden ein Hausverbot erteilen will?

Doch damit hörte der „Spaß“ nicht auf: Derselbe Jörg Meuthen verpasste danach der knappen Hälfte seiner Fraktion den passenden Namen: „Alternative für Antisemitismus“. Denn obwohl der Abgeordnete Wolfgang Gedeon den Holocaust unter „gewisse Schandtaten“ subsumiert und den Ex-RAF-Terroristen und Holocaust-Leugner Horst Mahler als „Dissidenten“ bezeichnet, solidarisierten sich neun von 23 Abgeordneten mit diesem glasklaren Antisemiten – woraufhin Meuthens Meute aus der Fraktion auszog und eine neue Fraktion gründete, die „Alternative für Baden-Württemberg“.

Und was tat seine Kollegin Parteivorsitzende? Frauke Petry stellte sich prompt hinter die „Alternative für Antisemitismus“, die sie bis heute als die wahre AfD bezeichnet. Schöner hätte der rein instrumentelle Umgang mit dem Anti-Antisemitismus – als Spielball zu reinen Machtzwecken – nicht zum Ausdruck gebracht werden können.

Sie haben etwa 36% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 64% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Israel in der dekolonialen Matrix

von Eva Illouz

Manchmal kommt es auf der Weltbühne zu Ereignissen, die unmittelbar einen grundlegenden Bruch markieren. Der 7. Oktober 2023 war ein solches Ereignis. Die Hamas verübte Verbrechen gegen die Menschlichkeit, indem sie fast 1200 Israelis ermordete.

Kein »Lernen aus der Geschichte«

von Alexandra Klei, Annika Wienert

Wofür steht der 8. Mai 1945 in der deutschen Erinnerungskultur? Bereits zum 70. und zum 75. Jahrestags beschäftigten wir uns ausführlich mit dieser Frage. Ist dem jetzt, am 80. Jahrestag, etwas Neues hinzuzufügen?

Der Nahostkonflikt und die Kunst: Wider die Logik des Boykotts

von Saba-Nur Cheema, Meron Mendel

Spätestens seit dem 7. Oktober 2023, dem andauernden Krieg in Gaza und Libanon sind die Fronten verhärteter als je zuvor. Es scheint, als ob es nur eine binäre Wahl zwischen zwei Lagern gäbe. Und in jedem Lager sind es die Radikalen, die den Ton angeben.