Ausgabe Februar 2016

Bestraft die Freier!

Der Erfolg der skandinavischen Sexkaufverbote

Seit einiger Zeit wird in Deutschland wieder intensiver über den Umgang mit Prostitution und das Für und Wider der 2002 erfolgten Liberalisierung debattiert, in diesem Jahr soll das von Frauen- und Familienministerin Manuela Schwesig vorgelegte Prostituiertenschutzgesetz beschlossen werden.[1] Der vergleichende Blick auf das europäische Ausland kommt in der Diskussion allerdings viel zu kurz, obwohl man daraus eine Menge lernen könnte.

1998 führte Schweden als erstes europäisches Land ein Sexkaufverbot ein. Der Kauf sexueller Dienste kann seither mit einer Geldstrafe oder mit ursprünglich sechs und seit 2011 bis zu zwölf Monaten Gefängnis bestraft werden. 2008 folgten Norwegen und Island mit ähnlichen Gesetzen. Dieses sogenannte nordische Modell stellt einen weltweit neuartigen Ansatz zur Regulierung der Prostitution dar, der erstmals die strafrechtliche Aufmerksamkeit ausschließlich auf Nachfrager und Organisatoren der Prostitution richtet. Die Prostituierten hingegen machen sich in Norwegen bereits seit 1899 und in Schweden seit 1918 nicht mehr strafbar. Im heutigen nordischen Modell stehen ihnen zudem Ausstiegsprogramme und soziale Anlaufstellen zur Verfügung. Der Ansatz dahinter ist klar: Gegen die Strategie der Akzeptanz von käuflichem Sex als „Sexarbeit“ zielt das skandinavische Modell letztlich auf die Abschaffung der Prostitution.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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