Erneut sorgt eine Debatte über alltäglichen Sexismus und sexualisierte Gewalt für Aufsehen. Schon 2013 hatten Feministinnen mit dem Hashtag #aufschrei die verbalen und körperlichen Übergriffe von Männern skandalisiert. Und in Lateinamerika macht seit zwei Jahren die Kampagne #NiUnaMenos (Nicht eine weniger) auf die hohe Zahl an Frauenmorden aufmerksam.[1] Nun wird abermals über männliche Macht und Missbrauch gestritten – diesmal ausgehend von Hollywood.
Seit die Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey Anfang Oktober ihren detaillierten Bericht in der „New York Times“ veröffentlichten,[2] ist klar: Mit Harvey Weinstein hat einer der ganz großen Hollywood-Produzenten über Jahrzehnte hinweg vor allem junge Frauen entwürdigt. Es gefiel ihm, seine Macht, sein Geld und seinen Erfolg auf diese Weise zur Schau zu stellen: „Soll ich dich massieren oder willst du mir beim Duschen zusehen?“ Nein, das wollte die Schauspielerin Ashley Judd vor zwanzig Jahren genauso wenig wie all die anderen Angestellten, Assistentinnen und Schauspielerinnen, die in den nachfolgenden Jahren belästigt wurden. Doch wie der Situation entkommen, ohne die beginnende Karriere zu gefährden? In der Branche wussten viele von Weinsteins sexualisierter Gewalttätigkeit. Und in seiner Firma sprachen sich Kolleginnen ab, den Chef niemals alleine zu treffen. Es gab auch entsprechende Anklageschriften, E-Mails, Memos; die Gewalt des Patriarchen war gut dokumentiert.