Ausgabe März 2017

Sexiest Partei Deutschlands

Was für ein Ereignis: Da musste die SPD über Jahrzehnte darben, bis sie endlich wieder mit einem charismatischen Führer gesegnet wurde, und plötzlich hat sie derer gleich zwei – Sanktus Martinus Schulz und den Heiligen Frank-Walter, den Buddha in Bellevue. Wenn aber das Licht derart gleißend strahlt, kann der Neid nicht ausbleiben. Lag nicht über Jahre, von Carsten Maschmeyer bis Gerhard Schröder, der Nabel der neu-mittigen SPD-Welt in Hannover? Bis plötzlich dieser Messias aus Würselen auftauchte.

Da aber können die alten FroGs – die Friends of Gerd – nicht hintanstehen. Sie schreiten zum Sexiest-Sozialdemokrat-alive-Contest und bringen ihre stärkste Waffe zum Einsatz: Ulrike Posche, „Stern“-Autorin und Verfasserin der ersten Hagiographie über Gerhard Schröder. Nun aber leistet sie letzten Einsatz für Schröders Faktotum, den so begabten Frank-Walter, die „echte Lichtgestalt“. Langweilig soll Steinmeier sein? Keine Spur, weiß Frau Posche: „Er ist ein Kümmerer, ein Filmfreak, ein leidenschaftlicher Bücherleser. Er explodiert, wenn er lacht, mal raucht er und mal nicht.“ Ist das nicht ungeheuerlich? „Mal raucht er und mal nicht.“ Aber leider trifft das auch auf Martin Schulz zu. „Gern Rotwein oder Pils statt Bionade.“ Klarer Vorteil Schulz: Der hat in seinem ersten Leben schon so viel Bier und Rotwein getrunken, dass er heute nur noch Bionade nimmt. Aber jetzt kommt Ulrike Posche und mit ihr der ultimative Steinmeier: „Immer noch dieselbe Frau. Wie selten, wie toll, wie treu!“ Unfassbar, wie selten, wie toll – und zwar in der Tat im Umfeld von Gerhard Schröder, dem Herrn der Eheringe. Nicht aber in der Welt des unglaublichen Martins, denn auch der ist noch immer mit derselben Frau verheiratet, zwar nicht mit Elke Büdenbender, aber eben doch mit seiner Inge, namens Schulz.

Auch das also noch kein Alleinstellungsmerkmal für Frank-Walter. Doch Frau Posche gibt nicht auf: „Krise kann Steinmeier extrem gut“, weiß die „Stern“-Frau. „Da geht seine innere Temperatur auf die eines Omuls im Baikalsee und die Stimme wird tief. Einatmen, ausatmen.“ Ui, „einatmen, ausatmen“, das allerdings ist wirklich doll. Und wer es bisher nicht gewusst hat: Der Omul ist der russische Lachs, er ernährt sich von Plankton und kleineren Tieren. Nun gut, Steinmeier ein Russen-Lachs, wir hatten es fast geahnt, doch damit nicht genug: Was dieser ungeheure Omul außerdem perfekt beherrscht, ist die „Methode des Kuh-vom-Eis-Schiebens“. Wahnsinn! Frank-Walter, kein fliegender, sondern ein schiebender Fisch! Und dann auch noch Kühe! Da kann der heilige Martin nun wirklich nicht mehr mithalten.

Und zu guter Letzt noch dieses Gesicht! Frank-Walter, so lernen wir von Frau Posche, ist der Mann mit den zwei Gesichtshälften: „Links grübeln, rechts lächeln – Steinmeier ist wohl der einzige Politiker zwischen Abidjan und Zagreb, der das kann.“ Lächeln beim Grübeln, das allerdings kann der gute Martin in der Tat nicht, wenn er wieder einmal seine Genossen besoffen redet. Und damit ist Frau Posche bei ihrem ultimativen Hieb gegen den Konkurrenten: „Zu denen, die jedes Mal gackern, wenn sie ein Ei gelegt haben, gehört unser Frank nämlich nicht.“ Genau, das Gackern wird Frank-Walter nun ganz dem Martin überlassen. Er aber wird in Bellevue „allen seine Grübchen zeigen, herzhaft lachen“ und sich daran freuen, wie weit man es als Sozialdemokrat mit historischen 23 Prozent doch bringen kann – dem Erzengel Gabriel sei Dank!

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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