Warum wir von der nationalen Immunität zur globalen Kommunität gelangen müssen

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Nur selten erlebt ein Autor, wie etwas, das er einmal in einem Buch vertreten hat, fast zwanzig Jahre später Realität wird und dabei alle Prognosen übersteigt. So geschah es mit Immunitas. Es versteht sich von selbst, dass ich das ohne jede Genugtuung sage, deckt sich doch diese „Realisierung“ mit der schwersten weltumspannenden Krise seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Tatsache ist jedoch, dass diese Krise eindeutig unter dem Zeichen der Immunität steht.
Den Begriff Immunitas verwende ich in einem ähnlichen Sinne, wie René Girard mit seiner Rede von einer „Krise des Opfers“,[1] um damit anzuzeigen, wie das Immunitätsvokabular jäh, und nicht selten gewaltsam, Einzug in sämtliche Lebensbereiche hält – und welche brisanten Auswirkungen das zeitigt. Heute, im Jahr der Pandemie, vollzieht sich diese semantische Durchdringung vor aller Augen. Es ist von nichts anderem mehr die Rede als von Immunität – ob natürlich erworben oder induziert, temporär oder lebenslang, ob individuelle Immunität oder Herdenimmunität. Mit Hilfe von Massentests wird die Immunisierungsrate verschiedener Bevölkerungen ermittelt, werden Schwellenwerte errechnet, ab wann man sich auf der sicheren Seite wähnen kann.