Ausgabe Dezember 2022

Bürgergeld: Stimmungsmache auf Stammtischniveau

Friedrich Merz, Parteivorsitzender der CDU, auf dem Parteitag der CSU in Augsburg, 29.10.2022 (IMAGO / Chris Emil Janßen)

Bild: Friedrich Merz, Parteivorsitzender der CDU, auf dem Parteitag der CSU in Augsburg, 29.10.2022 (IMAGO / Chris Emil Janßen)

Seit die Ampel-Koalition im September ihr „Bürgergeld“-Projekt[1] auf den parlamentarischen Weg gebracht hat, torpedieren Wirtschaftslobbyisten, die CDU/CSU-Opposition und Boulevardmedien das Vorhaben. Zwar konnten sie aufgrund der Mehrheit von SPD, Grünen und FDP nicht verhindern, dass der Bundestag die umfassende Reform der als „Hartz IV“ bekannten Grundsicherung für Arbeitsuchende[2] verabschiedete, aber sie können über den Bundesrat – der seine Zustimmung verweigerte – und den Vermittlungsausschuss die Einführung verzögern und das ursprüngliche Konzept inhaltlich verwässern. Sollte die Union an ihrer Blockadepolitik festhalten, stünde die Erhöhung der Regelsätze zum 1. Januar 2023 auf der Kippe – und das trotz der momentan hohen Preissteigerungen, die gerade für Menschen mit geringem Haushaltseinkommen kaum zu verkraften sind.

Mit großer medialer Reichweite werfen Kritiker*innen der Ampel-Koalition vor, das Bürgergeld derart großzügig bemessen zu haben, dass Geringverdienende nicht mehr arbeiten gehen würden, wenn es realisiert sei. Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, behauptete in der „Rheinischen Post“, das Bürgergeld mache für mehr Menschen das Nichtstun lohnender als das Arbeiten: „Es sorgt für Demotivation bei denjenigen, die mit einem geringen Gehalt regulär arbeiten. Am unteren Ende verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen regulärer Arbeit und dem Bürgergeld.

»Blätter«-Ausgabe 12/2022

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