Ausgabe Juni 2022

Überzeugung statt Empörung

Perspektiven für eine progressive Linke

Partei-Anstecker der Partei Die Linke (IMAGO / Christian Ohde)

Bild: (IMAGO / Christian Ohde)

Das desaströse Abschneiden der Linkspartei bei den jüngsten Wahlen wirft die Frage auf, ob gut dreißig Jahre nach der deutschen Vereinigung eine Partei links von SPD und Grünen überhaupt noch einen eigenständigen Platz im politischen System Deutschlands einnehmen kann. Betrachtet man nur den zwischen weiterer Selbstzerstörung und bangem Stillhalten pendelnden innerparteilichen Zustand, spricht einiges für ein entschiedenes „Nein“. Der Linken ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, bei zentralen Themen, die die öffentliche Wahrnehmung bestimmten, als Partei mit überzeugender linker Haltung erkennbar zu sein. Es gelang nicht, in der Migrationsfrage mit (durchaus vorhandenen) progressiven Konzepten einer linken Migrationspolitik zu punkten – in dem Spannungsverhältnis zwischen dem Menschenrecht auf Mobilität einerseits und dem stets begrenzten Zugang zu bestehenden Solidargemeinschaften andererseits. Stattdessen offenbarte sich die Zerrissenheit zwischen auch „von links“ geschürten Ängsten seit den großen Fluchtbewegungen von 2015 und der abstrakten Forderung nach bedingungslos offenen Grenzen für alle weltweit.

Juni 2022

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Patriotische Zivilgesellschaft: Das Vorfeld der AfD

von Sebastian Beer

Alice Weidel war genervt von der Geräuschkulisse während ihres Sommerinterviews Ende Juli in der ARD. Um das Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden zu stören, hatten sich Aktivist:innen des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit unweit des TV-Studios versammelt und Musik abgespielt.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.