Ausgabe September 2023

Zeitenwende im Sahel: Der Putsch in Niger und der Abzug aus Mali

Junge Männer ziehen eine französische Flagge durch den Dreck und schwenken die nigrische Flagge während einer Demonstration nach dem Militärputsch in Niamey, 13.8.2023 (IMAGO / Afrikimages)

Bild: Junge Männer ziehen eine französische Flagge durch den Dreck und schwenken die nigrische Flagge während einer Demonstration nach dem Militärputsch in Niamey, 13.8.2023 (IMAGO / Afrikimages)

Noch vor wenigen Monaten schien es ruhiger um den Sahel geworden zu sein. Zuvor hatten mehrere westliche Länder beschlossen, aus der UN-Friedensmission MINUSMA in Mali auszusteigen, darunter auch Deutschland. Aus Berliner Regierungskreisen war sogar zu hören, dass der Sahel an Bedeutung verlieren würde, stattdessen sprachen Thinktanks davon, dass es nun darauf ankäme, die Region einzuhegen und ein Übergreifen der dschihadistischen Gewalt auf die Küstenländer zu vermeiden. Doch dann erfolgte ein spektakulärer Doppelschlag, der unmissverständlich in Erinnerung rief, dass der Sahel – ähnlich wie der gesamte afrikanische Kontinent – längst in eine fundamentale Transformationsphase eingetreten ist, samt weltpolitischer Implikationen.

Zunächst verkündete der Außenminister der malischen, aus einem Putsch hervorgegangenen Übergangsregierung, am 19. Juni im UN-Sicherheitsrat, die UN-Mission MINUSMA solle das Land zum frühestmöglichen Zeitpunkt verlassen. Am 26. Juli putschte sodann im benachbarten Niger ein Teil des Militärs, was binnen weniger Tage das Land umkrempelte: Ähnlich wie bereits in Mali und Burkina Faso gingen die Putschisten schnell auf Distanz zum Westen, gleichzeitig erzeugten sie ein patriotisches, mitunter souveränistisch aufgeladenes Klima.

»Blätter«-Ausgabe 9/2023

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

»Deutsch-Südwest« unter Merz: Zurück zur Schuldabwehr?

von Henning Melber

Schon am Beginn des Ersten Weltkriegs musste Deutschland seinen „Platz an der Sonne“ räumen. Zuvor war das Kaiserreich kurzzeitig zur viertgrößten Kolonialmacht aufgestiegen, aber nun übernahmen die Kriegsgegner der Entente dessen okkupierte Territorien in Afrika und der Südsee.