Ausgabe März 2024

Tradition und Neugierde

Zum Tod von Oskar Negt

Oskar Reinhard Negt war ein deutscher Soziologe und Sozialphilosoph. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit wandte sich Negt auch immer wieder tagespolitischen Themen zu. Er starb am 2. Februar 2024 in Hannover, 15.6.2013 (IMAGO / Funke Foto Services)

Bild: Oskar Reinhard Negt war ein deutscher Soziologe und Sozialphilosoph. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit wandte sich Negt auch immer wieder tagespolitischen Themen zu. Er starb am 2. Februar 2024 in Hannover, 15.6.2013 (IMAGO / Funke Foto Services)

Wer Anfang der 1970er Jahre in Hannover studierte und mit dem vorgefundenen Zustand der Welt irgendwie nicht einverstanden war, kam am theoretischen Epizentrum der lokalen Studentenszene nicht vorbei: der Fakultät V in der Wunstorfer Straße. Dort waren die Studierenden ihrem eigenen politischen Selbstverständnis nach entweder links oder noch weiter links – oder ganz einfach orientierungslos verwirrt. Für mich, der ich mit der Abkürzung KBW völ­lig selbstver­ständlich das „Katholische Bildungswerk“ im Bistum Münster verband und nicht eine maoisti­sche Kaderorganisation, die sich „Kommunistischer Bund Westdeutschland“ nannte, war die erste Zeit in der Fakultät V noch Mark, Beine und Seele erschütternd. In den Flugblättern der un­übersichtlich vielen linken Gruppen wurden rund um die Uhr die Sozialdemokratie und der Reformismus entlarvt, während ich gerade erst unter Anstrengungen die Existenz von anderen Parteien außerhalb der CDU ent­deckte. Reformismus hin oder her – ich musste erst ein­mal die SPD als eine auch für Katholiken wählbare Partei zur Kenntnis nehmen.

Von der Frankfurter Schule, ihren Ideen und Zielen hatte ich während meiner Schulzeit an den verdämmernden Rändern des Münsterländer Mittelalters nichts gelesen oder gehört.

»Blätter«-Ausgabe 3/2024

Sie haben etwa 18% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 82% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema