Ausgabe Oktober 2025

Gaza und die Ära der Straflosigkeit

Ein Plädoyer für eine multinationale Konföderation

Benjamin Netanjahu und Donald Trump im Weißen Haus, 7.4.2025 (IMAGO / ABACAPRESS)

Bild: Benjamin Netanjahu und Donald Trump im Weißen Haus, 7.4.2025 (IMAGO / ABACAPRESS)

Künftige Historikerinnen und Historiker, die auf den Israel-Gaza-Konflikt zurückblicken, werden möglicherweise erkennen, dass dieser Konflikt an der Schnittstelle dreier Entwicklungen steht, die gemeinsam das Koordinatensystem der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten internationalen Institutionen völlig verschoben und eine neue Ära eingeläutet haben. 

Die erste dieser Entwicklungen ist der Untergang der neoliberalen Globalisierung und das Aufkommen von Protektionismus und Merkantilismus unter den Großmächten USA, Russland und China. Diese neue wirtschaftliche Ausrichtung geht mit einer neuen Geopolitik einher, deren hervorstechendes Merkmal darin besteht, neue Einflusssphären zu schaffen – durch die unverfrorene Annexion von Territorien und/oder die Androhung einer solchen. Während Russland die Ukraine als integralen Bestandteil seines angestammten Territoriums – der Russki Mir – betrachtet, erneuert Präsident Trump seine Ansprüche auf den Panamakanal sowie Grönland und schlägt sogar vor, Kanada zu annektieren. China erhebt Souveränitätsansprüche auf Taiwan, obwohl diese vom taiwanesischen Volk klar abgelehnt werden.

Dieser Aufstieg einer neuen Geopolitik hat, zweitens, den multilateralen Menschenrechtskonventionen – geschaffen zur Verteidigung und Verwirklichung der universellen bürgerlichen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte –, großen Schaden zugefügt.

»Blätter«-Ausgabe 10/2025

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (5.00€)
Digitalausgabe kaufen (12.00€)
Druckausgabe kaufen (12.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Der Preis der Freiheit: Politische Gefangene in Belarus

von Olga Bubich

Es war eine große Überraschung für weite Teile der internationalen Gemeinschaft: Am 21. Juni ließ das belarussische Regime 14 politische Gefangene frei. Unter ihnen befand sich Siarhei Tsikhanouski, der 2020 verhaftet wurde, um seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen zu verhindern.