Ausgabe November 1996

Alternative Weltpolitik

Ein amerikanischer Entwurf

Mehr als sechs Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer sind zwei Administrationen mit ihren Versuchen gescheitert, nach dem Ende des Kalten Krieges eine Außenpolitik zu entwickeln, die sich der intellektuellen Unterstützung von Fachleuten erfreut und im Land insgesamt politisch akzeptiert wird. Weder George Bushs "neue Weltordnung" noch die seitens der Clinton-Administration verfochtene Doktrin eines "enlargement" von Demokratie und freier Markwirtschaft haben sich als Organisationsprinzip bewährt. Beide Regierungen sahen sich folglich wiederholt zu reaktiver Diplomatie genötigt. Erklärungen erfolgten ad hoc und agiert wurde mit dem Ziel, öffentlichen Druck abzuwehren oder das Image des Präsidenten zu schützen. Bei der Bush-Regierung zeigte sich dieses Vorgehen deutlich in ihrer Rußland-Politik.

Der Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa bot Amerika die größte Chance zur Umgestaltung der internationalen Beziehungen seit 1917, doch dem Land mangelte es an der geeigneten Doktrin, um auf die neue Lage angemessen reagieren zu können. Entsprechend wirkte die Bush-Regierung bei den Moskauer Ereignissen im wesentlichen als Zuschauer. Das änderte sich erst, als der demokratische Herausforderer Bill Clinton sich anschickte, seine Rußlandpolitik zu formulieren.

November 1996

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.