Ausgabe Mai 1999

Kirche, Staat und Islam

In das Verhältnis zwischen Staat, Gesellschaft und Kirche gerät Bewegung: Bundesinnenminister Otto Schily denkt laut darüber nach, ob nicht irgendwann auch islamischen Gemeinschaften das Privileg einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft verliehen werden muß. Das Berliner Oberverwaltungsgericht hat die Islamische Föderation als Religionsgemeinschaft anerkannt und ihr damit die Tür zu staatlichen Klassenzimmern geöffnet. Derweil treibt Brandenburg mit dem Schulfach L e b e n s g e s t a l t u n g E t h i k - R e l i g i o n s k u n d e (LER) die Säkularisierung an seinen Schulen voran. Etwa drei Millionen Muslime zählt man in Deutschland, davon vielleicht drei Viertel aus der Türkei. Längst werden Prozesse geführt - um das Kopftuchtragen im Unterricht, um die Zulässigkeit des Muezzinrufs oder die Höhe des Minaretts -, und sie nehmen sich aus wie Symptome eines wachsenden Selbstbewußtseins, einer entschiedeneren Behauptung innerhalb der Gesellschaft.

Die Muslime betrachten Deutschland nicht mehr als vorübergehenden Aufenthaltsort, schreibt Peter Schütt: "Weil sie heimisch geworden sind, treten sie dem Staat mit konkreten Erwartungen gegenüber." Beschleunigt wurde diese Entwicklung durch den Regierungswechsel. Die Muslime hoffen auf Rot-Grün. 1) Eine konkrete Form der Partizipation ist der Religionsunterricht.

Mai 1999

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