Am 3. Oktober hat Österreich ein neues Parlament gewählt. Die Sozialdemokratie (SPÖ) blieb zwar stärkste Partei, mußte aber eine empfindliche Schlappe einstecken; sie kam nur noch auf 33,4%, verlor 4,7% gegenüber 1995 und 6 Sitze. Damit hat sie, die zwischen 1970 und 1985 mit absoluter Mehrheit geherrscht hatte, das schlechteste Wahlergebnis in der Zweiten Republik erzielt. Ihr Koalitionspartner, die christdemokratische ÖVP, verlor 1,4% und kam auf 26,9% der Stimmen. Zugleich verlor sie ihre Position als zweitgrößte Partei an die Hauptsiegerin, an Haiders FPÖ, die gegenüber 1995 um 5,3% zulegen konnte, nun bei 27,2% liegt und ein Mandat mehr als die ÖVP hat. Verbessern konnten sich auch die Grünen von 4,8 auf 7,1% bzw. von 9 auf 13 Mandate, während das Liberale Forum (LIF) - liberale Kräfte, die sich 1992 von der FPÖ abgespalten haben - die Vier-Prozent-Hürde nicht mehr überspringen konnte. International wurde der Wahlausgang unterschiedlich, doch meist mit Besorgnis kommentiert. Während die "Neue Zürcher Zeitung" von einer "erdrutschartigen Normalisierung Österreichs" sprach, titelte "La Repubblica": "Ein neuer Hitler in Österreich?" Und Israels Präsident Weizman rief gar bei Bekanntwerden des Ergebnisses die etwa 8 000 in Österreich lebenden Juden auf, das Land zu verlassen.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.