Ausgabe Dezember 1999

Reichtum und Steuern

Jürgen Schrempp arbeitet seit langem an einer Amerikanisierung seiner Bezüge, mittlerweile mit durchschlagendem Erfolg. Dazu gehören Aktienbeteiligungen oder kursbezogene Bonuszahlungen. Schon in diesem Jahr wird das Einkommen des Daimler-Chefs auf 10 Mio. Mark hochspringen, "wenn es ein schlechtes Geschäftsjahr würde", meint Schrempp-Biograph Jürgen Grässlin. Am Ende eines guten könne Schrempp gar bis zu 15 Mio. kassieren. Er und seine Kollegen in deutschen Konzernen bilden jedoch nur die Spitze des Eisberges. Längst leben wir in der Ein-Drittel-Gesellschaft: Das obere Drittel der privaten Haushalte verfügt über fast 60% der Einkommen 1), Tendenz eher steigend. Aus dieser schiefen Einkommensverteilung erwächst eine noch schiefere Vermögensverteilung. Nur eine Minderheit von 5% der Haushalte besitzt fast ein Drittel des gesamten Geldvermögens in den alten Bundesländern, errechnete das Statistische Bundesamt. 2) Gleichzeitig scheinen Millionäre hierzulande Mangelware zu sein: Gerade mal einige Tausend im Westen und ein paar Hundert im Osten bekennen sich gegenüber ihrem Finanzamt als Einkommensmillionär.

Das Paradoxon klärt sich durch das radikale Steuersparen, dem sich der deutsche Reichtum verschrieben hat.

Dezember 1999

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Globales Elend und die Diktatur der Superreichen

von Ute Scheub

Sie düsen in Privatjets um die Welt, um Immobilien und Konzernketten an sich zu reißen. Sie kaufen ganze Landschaften und Inseln, um sich dort im größten Luxus abzukapseln. Sie übernehmen Massenmedien, um sich selbst zu verherrlichen und gegen Arme und Geflüchtete zu hetzen.