Ausgabe März 2003

Auf der Bühne des theatralischen Militarismus

Amerika und die wahren Mächte der Welt

In diesen Tagen und Wochen erscheinen die Vereinigten Staaten mächtiger, einflussreicher, durchsetzungsfähiger denn je. Als Präsident der „einzig verbliebenen Supermacht“ kann George W. Bush Ergebenheitsadressen von Staatsmännern wie Aznar, Blair oder Berlusconi entgegennehmen. Wen der Bannstrahl des US-Präsidenten trifft, wie den deutschen Bundeskanzler, von dem rücken nicht wenige ab wie von einem Aussätzigen. Hubert Védrine, Lionel Jospins Außenminister, steigerte die Supermacht zur „Hyperpuissance“. Sein Landsmann Emmanuel Todd, renommierter Demograph und Historiker, sieht das ganz anders. Unter dem Titel „Après L’Empire“ veröffentlichte er im vergangenen Herbst einen „Essai sur la décomposition du système américain“, der seither auf Frankreichs Bestsellerlisten steht. Todd versucht nachzuweisen, dass die USA auf Grund abnehmender, nicht etwa wachsender Stärke handeln, wenn sie „Schurkenstaaten“ brandmarken und bekriegen. Seine Kernthese: „Der demonstrative Militarismus Amerikas, der dazu dienen soll, die militärische Unterlegenheit aller anderen Akteure weltweit vorzuführen, hat schließlich die wahren Mächte der Erde beunruhigt und sie zur Annäherung veranlasst: Europa, Japan und Russland.“ In diesen Tagen erscheint Todds Studie auf Deutsch: „Weltmacht USA.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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