Ausgabe Mai 2003

Besuch in Kuba

Das Kuba Fidel Castros zu besuchen bedeutet, vor allem für einen Yankee, einen bezaubernden Hort der Widersprüchlichkeiten zu betreten: Renovierte architektonische Schätze des 18. und 19. Jahrhunderts glänzen gold, grün, rosa neben zerbröckelnden Klötzen derselben Epoche. Über den Küstenboulevard, den Malecón, drängen sich nagelneue Importwagen inmitten kaum fahrtüchtiger Blechkisten, unglaublich gutaussehende Jugendliche in modischem Outfit schlendern neben in Lumpen gekleideten, runzeligen Alten.

Die inzwischen 44 Jahre alte „Revolución“ ist gegenwärtig auf Plakatwänden, Postern, Graffitis, Postkarten, Che-Guevara-T-Shirts für Touristen und Denkmälern. Doch nach all den Jahren strahlen diese einen eher archäologischen als aktuellen Charakter aus. Als ein Besucher des an der Südküste gelegenen Trinidad den alten Slogan murmelte: „Fidel, seguro, a los Yanquis dales duro!“ (Fidel, ganz sicher, schlag die Yankees hart!) brach ein junger Verkäufer in schallendes Gelächter aus.

Für viele der elf Millionen Kubaner, so scheint es, ist Castro mit seinen 76 Jahren von einem früheren Heißsporn zu einer Art Vaterfigur gereift. Im März erschien er bei dem Einweihungsgottesdienst eines Klosters der katholischen Nonnen von St. Brigid in Alt- Havanna.

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