Ausgabe November 2005

Polnischer Populismus

Bei den Parlamentswahlen in Polen vom 25. September 2005 hat sich viel geändert – und doch im Grunde wenig. Viel, weil die Regierungsführung von der postkommunistischen „Demokratischen Linksallianz“ (SLD) auf das rechtsbürgerliche Lager übergeht; und wenig, weil es seit dem demokratischen Aufbruch der „III. Republik“ bisher noch bei jeder Wahl zu einem Regierungswechsel gekommen ist.

Wahlsiegerin ist die Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), die 27 Prozent der Stimmen erzielen konnte. Die Partei und ihr Spitzenkandidat, Jaroslaw Kaczynski, sind durch ihre Lawand- Order-Parolen bekannt geworden und verfolgen ein rechtskonservatives, populistisches, europaskeptisches und zugleich sozialstaatlich orientiertes Programm. Zweiter Wahlsieger ist mit 24,1 Prozent die neoliberale Steuersenkungspartei „Bürgerplattform“ (PO), deren Spitzenkandidat Jan Rokita im Wahlkampf schon als der nächste Premier gehandelt wurde. PiS und PO haben bereits kurz nach der Wahl mit den Sondierungsgesprächen zur Regierungsbildung begonnen.

Beide Parteien profitierten insbesondere von den zahlreichen Regierungsaffären der letzten Jahre sowie von den Diskussionen um die Aufarbeitung der sozialistischen Vergangenheit („Wildstein- Liste“).

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt

von Micha Brumlik

Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und doch waren es auch und nicht zuletzt eben jene Arbeiter und Arbeitslosen – und genau hier liegt das eigentliche Erschrecken für die Linke.